Hamburg: Kontoverse um Fernbahnhofsumzug: „Armutszeugnis für die Planer“
Die Bürgerinitiative Prellbock möchte den Umzug des Altonaer Bahnhofs zum Diebsteich verhindern. Sie fürchtet, dass die Leute dann aufs Auto umsteigen
taz: Herr Jung, warum hängen Sie so am Altonaer Bahnhof? So toll ist der doch gar nicht.
Michael Jung: Nach dem Abriss des alten Gebäudes 1979 ist er keine städtebauliche Ikone mehr. Aber er ist hochgradig funktional, weil es der einzige wirklich barrierefreie Bahnhof in Hamburg ist.
Aber der neue wird doch auch barrierefrei.
Es wird keinen ebenerdigen Zugang zum Gleis geben wie in Altona, sondern man wird immer eine Rolltreppe oder einen Fahrstuhl benutzen müssen. Aber Fahrstühle sind häufig defekt, da sieht man im Rollstuhl alt aus.
66, ist Mitglied der Bürgerinitative „Prellbock“. 28 Jahre lang fuhr er vom Altonaer Bahnhof aus zur Arbeit.
Was stört Sie noch an den Plänen für den neuen Bahnhof?
Er ist zu eng ausgelegt, sodass das gegenwärtige Verspätungsniveau gehalten werden kann – so steht es in den Planungsunterlagen. Das ist schon mal ein Armutszeugnis für die Planer. Die Lage ist auch beengt: Auf der einen Seite sind der Friedhof und Kleingärten, auf der anderen Gewerbe, sodass sich dort kein urbanes Bahnhofsumfeld schaffen lässt. Das hingegen haben wir beim gegenwärtigen Standort.
Allerdings ist ein Bahnhof doch auch kein Ort, wo man sich gerne lange aufhält.
Der Bahnhof muss aber schnell und fußläufig zu erreichen sein. In Altona sind viele große Neubauprojekte in der Mache. Das heißt, es werden bis zu 10.000 weitere Leute in den nächsten fünf bis acht Jahren in den Stadtteil ziehen. Gleichzeitig nimmt man den Bahnhof heraus. Das verträgt sich nicht mit grüner Verkehrspolitik, die zur Bahnnutzung animieren soll.
Haben Sie Angst, dass Leute wegen des neuen Bahnhofs aufs Auto umsteigen?
Ja, denn der neue Bahnhof ist aus dem Hamburger Westen nicht mit der S-Bahn zu erreichen. Die Leute müssen bis zum Hauptbahnhof fahren und werden die extreme Befüllung dort verstärken. Außerdem nimmt man den Altonaern den Bahnhof weg.
Es gibt ja viele Themen in der Stadt, an denen man sich abarbeiten kann. Warum haben Sie sich so auf den Bahnhof eingeschossen?
Hier wird Geld verausgabt, das anderswo wesentlich dringender gebraucht würde, um die Verkehrssituation zu verbessern. Außerdem wird die Bahn nach den aktuellen Plänen frühestens im Jahr 2025 die Flächen für den Wohnungsbau der Neuen Mitte Altona freimachen. Der Wohnungsbau wird aber jetzt benötigt.
Dafür müsste der Bahnhof ja in jedem Fall weg.
Nein, das kann man so organisisieren, dass der Bahnhof modernisiert wird, aber da erhalten bleibt, wo er ist und der Wohnungsbau trotzdem ermöglicht wird. Und zwar schon fünf bis sieben Jahre früher, denn solche riesigen Neubauvorhaben verzögern sich ja immer.
Sie werben dafür, bis zum 27. April Einwände gegen das Vorhaben bei der Verkehrsbehörde einzulegen. Was versprechen Sie sich davon?
Es ist wichtig als Indikator für die Behörden, dass diese Planungen nicht ungesehen durchgeführt werden können. Sie müssen sich mit den vorgelegten Argumenten auseinandersetzen. Ob das ein Umdenken bewirkt, ist aber fraglich. Dass Bürgerbeteiligung in dem ganzen Verfahren bisher nicht gewünscht und nicht angedacht ist, ist bedauerlich.
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