Haider ruft zur Denunziation auf: Hatz auf Asylwerber in Kärnten
Der Kärntner Landeshauptmann Haider lässt drei tschetschenische Familien abschieben - nach Niederösterreich.
WIEN taz Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider hat ein neues Hassobjekt gefunden. Am 7. Januar ließ er drei tschetschenische Familien - 18 Personen - nach Niederösterreich abschieben. Der Grund: Zwei tschetschenische Jugendliche sollen in Villach in eine Silvesterschlägerei verwickelt gewesen sein. Die Einwohner von Villach, Kärntens zweitgrößter Stadt, wunderten sich vor einigen Tagen über Post aus dem Büro des Landeshauptmanns, in dem die Bevölkerung aufgerufen wird, "über gewalttätige Asylwerber umgehend zu informieren, damit ich deren sofortige Abschiebung veranlassen kann". Die Nummer der neuen Hotline wurde mitgeliefert. Abschiebung ist Bundessache, Haider kann daher die unliebsamen Asylwerber nicht eigenmächtig außer Landes schaffen. Deshalb schiebt er sie in andere Bundesländer weiter.
Villachs Bürgermeister Helmut Manzenreiter, SPÖ, sieht in dem Aufruf "Menschenhatz" und fühlt sich "an Methoden von Zeiten erinnert, die fast 70 Jahre vorbei sind". Vergangenen Dienstag beschloss die Kärntner Landesregierung mit den Stimmen von BZÖ und ÖVP eine Resolution zum Thema "Tschetschenen in Kärnten". Darin fordert sie die Bundesregierung auf, den Anteil tschetschenischer Asylwerber zu senken.
Tschetschenen sind derzeit die Volksgruppe, die in Österreich die besten Aussichten auf Asylgewährung hat. Viele sind schwer traumatisiert. Nach einem Abkommen mit dem Innenministerium sind die Bundesländer verpflichtet, ein Kontingent an Asylwerbern unterzubringen. Kärnten ist chronisch säumig. Selbst im Büro von Innenminister Günther Platter, ÖVP, gab man sich empört, zumal die Ermittlungen der Villacher Polizei dem Ministerium in Wien vorlagen. "Das unter Tatverdacht stehende tschetschenische Brüderpaar hatte demnach definitiv nichts mit diesen Tätlichkeiten zu tun", heißt es in einem Schreiben an besorgte Bürger.
Für Haider ist das kein Grund, die Flüchtlinge wieder zurückzuholen. Vielmehr verlangte er vom Innenminister die Überprüfung der Villacher Polizei, die ihre Arbeit nicht ordentlich erledige. Dort stößt nämlich auch der Aufruf zur Denunziation auf wenig Gegenliebe. Die Ausforschung und Bestrafung von Kriminellen sei Sache von Polizei und Justiz, nicht des Landeshauptmanns, berief sich der lokale Polizeichef auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.
"Haider behandelt die Tschetschenen wie Menschen, für die die Unschuldsvermutung nicht gilt, für die stattdessen Kollektivstrafe und Sippenhaftung angebracht sind", klagt der Sozialpsychologe Klaus Ottomeyer von der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt. Ottomeyer hat durch die Haider-Aktion, wie er sagt, einen seiner "sanftmütigsten und nachdenklichsten Patienten" verloren, der im Forschungs- und Beratungszentrum für Opfer von Gewalt "Aspis" in Behandlung war. Die Therapie des schwer traumatisierten Folteropfers ist jetzt unterbrochen.
Mittlerweile hat der Landtag in Kärnten auf Initiative Haiders das Islam-Bashing noch weiter getrieben. Mit den Stimmen von BZÖ und ÖVP wurde - obwohl bisher kein entsprechender Antrag vorliegt - ein Bauverbot für Moscheen und Minarette erlassen. Um die Religionsfreiheit auszuhebeln, behalf man sich mit der Bauordnung: bei Gebäuden, "die wegen ihrer außergewöhnlichen Architektur oder Größe (Höhe) von der örtlichen Bautradition wesentlich abweichen", ist ein Gutachten der Ortsbildpflege-Sonderkommission einzuholen.
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