Haftstrafen in den USA: Obama lässt Gnade walten
Mehrere Dutzend Häftlinge haben vom Präsidenten eine Verkürzung ihrer Haftzeit erhalten. So sollen die komplett überfüllten Gefängnisse entlastet werden.
Die teils schon seit Jahrzehnten hinter Gittern sitzenden Männer und Frauen sollen Anfang November freikommen. Sie seien keine hartgesottenen Kriminellen gewesen, sagte Obama in einer Videoansprache. „Die Strafen passten nicht zum Verbrechen.“
Der Präsident bezog sich dabei strenge Richtlinien für die Bestrafung von Drogenkriminellen, die in den späten 1980er Jahren erlassen worden waren. Damals hatte eine Welle von Verbrechen im Zusammenhang mit Kokain das Land erschüttert. Unter den heute lockereren Richtlinien hätten die jetzt von Obama begnadigten Häftlinge ihre Strafen schon abgesessen.
Der Präsident teilte den Gefangenen seine Entscheidung persönlich in einem Brief mit. „Nun liegt es an Ihnen, das Beste aus dieser Gelegenheit zu machen“, schrieb Obama. Insgesamt hat er damit in seiner bisherigen Amtszeit knapp 90 Strafverkürzungen verfügt – der „Washington Post“ zufolge mehr als die Präsidenten Ronald Reagan, George Bush, Bill Clinton und George W. Bush zusammen.
Gespräch mit Häftlingen
Obama findet die in der Vergangenheit verhängten Strafen nicht nur unangemessen hart. Er will auch die Gefängnisse leeren, die als Folge des früheren rigorosen Vorgehens völlig überfüllt sind. Allein in Bundesgefängnissen sitzt fast jeder zweite Verurteilte wegen Drogendelikten ein. Die Inhaftierung von Straftätern, die wegen nicht gewalttätiger Drogenverbrechen hinter Gittern sind, kostet jedes Jahr mehr als 80 Milliarden Dollar (72,7 Mrd. Euro).
Im vergangenen Jahr hatte die Regierung angekündigt, dass solche Straftäter unter bestimmten Umständen begnadigt werden sollen. Seitdem haben 35 000 Häftlinge – rund 16 Prozent der Insassen in Bundesgefängnissen – eine vorzeitige Haftentlassung beantragt.
Obama will am Donnerstag mit einem Besuch im Gefängnis El Reno im Bundesstaat Oklahoma auf das Problem überfüllter Gefängnisse aufmerksam machen und dort auch mit Häftlingen sprechen. Nach Angaben der Regierung ist es der erste Besuch eines amtierenden Präsidenten in einem Bundesgefängnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt