Hafen schwächelt: Jade-Weser-Port kommt nicht in Schwung
Dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven werden zwar beste Bedingungen bescheinigt – trotzdem bleibt der Containerumschlag hinter den Erwartungen zurück.
WILHELMSHAVEN taz | Die Symbolik ist schlagend: Statt im Jade-Weser-Port zu landen, hat das größte Containerschiff der Welt, die Maersk Mc-Kinney Møller, wenige Kilometer gegenüber in Bremerhaven festgemacht. Dabei ist der Wilhelmshavener Tiefwasserhafen eigens für diese Schiffsklasse mit 18.000 Standardcontainern (TEU) gebaut worden. Es ist ein Bild dafür, dass der Jade-Weser-Port, der in einem Monat ein Jahr alt wird, keinen Tritt fasst.
Ein Blick in die Liste der Ankünfte in Wilhelmshaven ist ernüchternd: Alle paar Tage kommt ein Schiff angetuckert, dazwischen ist der Kai verwaist. Nach den Zahlen des Logistikunternehmens Eurogate, das den Hafen nutzt, dürfte der Umschlag weit hinter den Erwartungen zurückbleiben: Im ersten halben Jahr sind nur 33.000 Container abgefertigt worden – angepeilt waren fürs erste Jahr 650.000. Die Konkurrenten rechnen in Millionen.
Niedersachsen und Bremen haben den Containerhafen in der Zeit vor der Wirtschafts und Finanzkrise geplant, als das Umschlagwachstum keine Grenzen zu kennen schien und sich Hamburg Sorgen darüber machte, wie der Ausbau angesichts des Ansturms zu bewältigen wäre. Zugleich war er eine Art deutsche Antwort auf Rotterdam, das sehr tief gehende Schiffe anlaufen können, ohne wie in Bremerhaven oder Hamburg auf eine günstige Tide warten zu müssen.
Dass die Mc-Kinney Møller nicht nach Wilhelmshaven kam, erklärt Corinna Romke von der Eurogate-Pressestelle damit, dass das Schiff im Liniendienst zwischen Asien und Europa ein kleineres Schiff ersetzt habe und diese Linie eben regelhaft Bremerhaven anläuft. Mit der Frage der Attraktivität des Jade-Weser-Ports habe das nichts zu tun.
Maersk ist über eine Konzerntochter, die Firma APM-Terminals, zu 30 Prozent an dem Umschlagsunternehmen für den Jade-Weser-Port beteiligt. Ob dann nicht zu erwarten wäre, dass Maersk seinen Riesen nach Wilhelmshaven schickt? „Das Verhalten unserer Kunden kommentieren wir nicht“, sagt Romke. Jedes zweite Schiff, das in Wilhelmshaven anlegt, gehört derzeit der Reederei Maersk.
Romke räumt ein, dass der Jade-Weser-Port zurzeit weniger Container abfertigt als erwartet. „Wir gehen davon aus, dass das letztendlich eine Frage der Zeit ist“, sagt die Sprecherin. Das wirtschaftliche Umfeld werde über kurz oder lang wieder günstiger und die Schiffe würden immer größer, so dass der Jade-Weser-Port seinen Vorteil ausspielen könne.
Die Hafengesellschaft „Jade-Weser-Port“, die den Länder Bremen und Niedersachsen gehört, hat das Fraunhofer Institut gebeten, die Qualitäten des neuen Hafens im Vergleich mit anderen Häfen zu bewerten. Demnach verfügt der Jade-Weser-Port über ein herausragendes Potenzial: Er ist von See aus direkt und ohne Tiefgangsbeschränkung zu erreichen. Die Schiffe müssen nicht viel manövrieren. Er eignet sich als Umschlagsplatz für kleinere Transporte in den Nord und Ostseeraum. Er biete wettbewerbsfähige Preise und reichlich frei Logistikfläche. Die Straßen und Schienenverbindungen seien hinreichen ausgebaut und tendenziell weniger verstopft als anderswo.
„Wenn Sie einen Terminal bauen, sind Sie in einer reaktiven Position“, sagt Ralf Fiedler vom Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML). Die Kundengruppe, die der Hafen für sich gewinnen könne, sei sehr klein geworden: Zehn Reedereien verfügten über zwei Drittel der Schiffe und hätten sich überdies zu Allianzen verbündet. Wilhelmshaven biete als Hafen sehr gute Bedingungen, weil bisher so wenige Firmen dort tätig seien, insbesondere Logistik-Dienstleister an Land. „Im Moment krankt es daran, dass keiner den ersten Schritt macht“, sagt Fiedler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja