Haasenburg GmbH: Das Versagen der Heimaufsicht

Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) wird noch heute erklären, wie sie in Zukunft die Heimaufsicht reformieren will.

Haus Babenberg in Brandenburg: Der Haasenburg GmbH wurde inzwischen die Betriebsgenehmigung dafür entzogen. Bild: dpa

BERLIN taz | Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) stellt heute in Potsdam Maßnahmen vor, wie künftig die Heimaufsicht im Land gestärkt werden soll. Das ist eine Konsequenz aus dem Bericht einer Expertenkommission zu den Missständen in den Heimen der Haasenburg GmbH.

Dieser dokumentierte vor zwei Monaten erhebliche Mängel bei der Heimaufsicht. Die taz hatte bereits Anfang Juli 2013 darüber berichtet und zuvor den Skandal in den Heimen des Trägers aufgedeckt.

Noch 2013 hielt es das Brandenburgische Bildungsmninisterium für ausreichend, dass nur drei Aufseher die insgesamt rund 400 Heime im Land Brandenburg kontrollieren. Monatelang folgten keine personellen Konsequenzen aus dem Skandal. Erst vor rund zwei Monaten gestand das Ministerium indirekt Defizite der Heimaufsicht ein: Die Zahl der Aufseher wurde von drei auf fünf erhöht.

Dass die Aufsicht tatsächlich über Jahre nicht funktionierte, belegen interne Dokumente, über die die taz bereits im Juli berichtet hatte. So wurde die Haasenburg GmbH etwa bei Kontrollen stets zuvor von der Heimaufsicht informiert. „Landesjugendamt kommt in den nächsten Tagen vorbei (alle AA-Maßnahmenprotokolle auf Korrektheit überprüfen)", heißt es 2006 in einem internen Protokoll der Haasenburg GmbH. „AA“ steht für die „Anti-Aggressionsmaßnahmen“, bei denen Kinder und Jugendliche teilweise schwer verletzt wurden.

12 Jahre nichts getan

Zwölf Jahre entging der Aufsicht, was sich tatsächlich in den Heimen abspielte, obschon der Träger immer wieder für Schlagzeilen sorgte und in der Region bei einigen Fachleuten einen schlechten Ruf genoss. Spätestens seit 2006 aber waren die Aufseher konkret im Bilde. Der taz liegen nicht nur Dokumente vor, die belegen, wie sich das Heim auf seine staatlichen Aufseher vorbereiten konnte. Mindestens drei ausführliche Beschwerden von ehemaligen Mitarbeitern und einer Anwältin gingen nachweislich bei der Behörde ein.

Personen, die eine zentrale Rolle bei der Heimaufsicht spielen sind die Mitarbeiter Anita Stöhr und Detlef Daubitz. So erreichte Stöhr am 16. Mai 2006 eine Beschwerde, die eine „totale Unterwerfung“ als Erziehungsmethode in dem Heim anprangerte. Auch die mangelhafte Personalausstattung beklagte ein Mitarbeiter der Haasenburg GmbH.

Im Mai 2009 wandte sich eine Anwältin empört an die Heimaufsicht und schilderte detailliert den drastischen Umgang von Erziehern des Heims mit ihrem Mündel. Die Schriftsätze liegen der taz ebenfalls vor. Wieder waren Stöhr und Daubitz informiert. Am drastischsten dokumentiert ein Mailverkehr eines ehemaligen Mitarbeiters mit der Heimaufsicht, dass Mängel in dem Heim nicht nur übersehen wurden; vielmehr verdeutlichen diese Dokumente, wie die Heimaufsicht den Kritiker bewusst ausbremste und sogar schließlich gefährdete.

So verlangte der Mitarbeiter von Detlef Daubitz unbedingten Vertrauensschutz. Daubitz schrieb, „natürlich sichere ich ihnen Vertraulichkeit zu“. Doch dem war nicht so. Nach einem Treffen mit der Heimaufsicht wurde der Mitarbeiter vom damaligen Geschäftsführer firstlos gekündigt worden – „wegen ihrer Anzeige ggü. Dem Landesjugendamt Brandenburg“, heißt es in der Kündigung, die der taz vorliegt.

Ein Sprecher des brandenburgischen Bildungsministeriums erklärte dem Spiegel, der später den Fall erneut aufgriff, der Mitarbeiter sei mit der Preisgabe seines Namens einverstanden gewesen. Der taz sagte der Mitarbeiter, dass dies nicht wahr sei. Der Mann wurde eigener Aussage bis heute nicht vom Ministerium befragt.

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