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HBO-Serie „Industry“In diesem Büro wird noch „Fuck you“ gesagt

Die Serie „Industry“ zeigt, wie eng verwoben die Finanzwelt, Politik und Medien sind. Mit der dritten Staffel erklimmt sie neue Höhen.

Hier spielt sich der Wahnsinn ab: in der Londoner Bank Pierpoint Foto: Sky

Während Netflix heute vor allem egales Hintergrundrauschen für Young Adults (die weder einschlafen wollen noch sich konzentrieren können) produziert, gibt es zum Glück noch virtuose Gegenentwürfe. HBOs „Industry“ ist so einer.

Jede Folge reißt den Zuschauer mit und hält ihn bis zum Abspann fest. Aufgrund des rasanten Tempos gibt es gar keine Chance, an etwas anderes als die Investmentbänker innerhalb der fiktiven Londoner Bank Pierpoint zu denken. Jede kurze Unaufmerksamkeit wird mit Kontextverlust bestraft.

Die dritte Staffel beschäftigt sich mit ESG-Investing (Environmental, Social, Governance) und ob es so etwas überhaupt geben kann. Der viel verwendete Finanzjargon wird nicht erklärt. „Industry“ interessiert sich vielmehr für die Auswirkungen dieser Branche auf den Einzelnen. Die Showrunner Mickey Down und Konrad Kay wissen, wovon sie da erzählen, beide haben in Investmentbanken gearbeitet. Ungefiltert zeigen sie, wie viel Einfluss die Finanzwelt auf Politik, Medien und Kultur hat.

Direkte explizite Dialoge

Am Trading-Desk der Bank werden Soziopathen und Spielsüchtige geboren, ein Trade ist eine Wette und ihn erfolgreich zu „schließen“ bedeutet, Recht zu haben. In dieser angespannten und auf Wettbewerb angelegten Atmosphäre sind die Grenzen der Legalität zweitrangig. Während die ersten beiden Staffeln noch fester an den Desk gebunden waren, werden die Orte des Geschehens jetzt deutlich erweitert.

„Industry“

dritte Staffel, immer mittwochs neue Episoden bei WOW und Sky Atlantic

Miteinander geredet wird direkt und explizit, in den Hauptrollen versuchen drei Berufseinsteiger auf unterschiedlichste Art in der Welt des Investmentbanking Fuß zu fassen. Darüber steht der treue Mitarbeiter Eric (Ken Leung), wie ein General herrscht er über seinen Desk. Im außergewöhnlich guten Cast ist es Leung, der die unvergleichlichste Perfomance zeigt.

Auch Nebenfiguren bekommen in „Industry“ die Möglichkeit zu glänzen. Die anfangs sehr satirisch eingeführte und von den Pierpoint-Männern kaum ernst genommene Gen-Z Mitarbeiterin Sweetpea (Miriam Petche) entwickelt sich auf unvorhersehbare Weise. Der Anti-P.C. Charakter Rishi (Sagar Radia), ein langjähriger Angestellter der Bank, bekommt eine eigene Folge, die in wahnsinnigem Tempo zwischen den emotionalen Extremen springt. Es ist die beste Episode dieses Jahres.

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