piwik no script img

Gysi über AusspähaffäreUS-Diplomaten raus!

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag attackiert die Bundesregierung mit deutlichen Worten. Er verlangt Backpfeifen für die USA.

Die US-Regierung sagt sorry! NDR-Satire auf dem Hamburger Rathausplatz. Bild: dpa

BERLIN taz.am wochenende | In der Spähaffäre verlangt der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, britische und US-amerikanische Spione des Landes zu verweisen. „Ich werde die Bundesregierung auffordern, die Personen aus der US-Botschaft und aus der britischen Botschaft, die die Spionage hier in Deutschland durchgeführt haben, zur persona non grata zu erklären“, sagte Gysi der taz.am wochenende. Die Diplomaten müssten Deutschland dann innerhalb einer Frist verlassen. Das sei im Völkerrecht so geregelt.

Woher die Regierung wissen solle, wer in den beiden Botschaften für die Spionage verantwortlich war? „Das wissen die“, sagt Gysi. „Wenn unsere drei Nachrichtendienste nicht mal das wissen, sollten wir sie besser sofort schließen.“

Der Linken-Politiker äußerte scharfe Kritik am Umgang der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden: „Die Regierung sagt: Nee, du bleibst mal in Russland, wir überlassen das Putin, wir haben damit nichts zu tun, nur dein Wissen wollen wir haben.“ Das sei „moralisch überhaupt nicht vertretbar“. Er nannte die Haltung der Bundesregierung in der taz.am wochenende „hasenfüßig“ und „duckmäuserisch“.

„Ne kleine Backpfeife haben die ja auch verdient“

Nach Auffassung des Linksfraktionschefs sollte sich die deutsche Bundesregierung gegen die Spähangriffe der US-Geheimdienste stärker zur Wehr setzt. Schließlich hätten die USA den Skandal selbst verursacht: „Wenn jemand die Freundschaft gefährdet hat, dann war es die NSA.“ So, wie sich die Bundesregierung zur Zeit verhalte, bestehe zwischen Deutschland und den USA keine Freundschaft, sondern ein Abhängigkeitsverhältnis.

taz.am wochenende

Tebartz-van Elst, Brüderle, Guttenberg. Darüber regen wir uns auf. Aber warum? Und was bringt das? Den großen Empörungsvergleich lesen Sie in der taz.am wochenende vom 9./10. November 2013 . Darin außerdem: Christian Ströbele ist nun weltbekannt als „der Mann, der Edward Snowden traf“. Aber wie hilft das der Sache des Whistleblowers? Und ein Gespräch über den Glanz im Schund, echte Adelige und Sexwestern: Mit Anna Basener, einer der jüngsten Groschenromanautorinnen Deutschlands. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Dann unternimmt er einen kurzen historischen Exkurs. „Wir schreiben das Jahr 2013, aber das hat die Regierung nicht begriffen. Sie benimmt sich immer noch wie eine Regierung von 1949. Das ist doch keine Freundschaft, das ist ein Abhängigkeitsverhältnis.“ Dass deutsches Asyl für Snowden in den USA als diplomatischer Affront betrachtet werden dürfte, hält Gysi für hinnehmbar.

„Ne kleine Backpfeife haben die ja auch verdient“, sagte er mit Blick auf die US-Regierung von Barack Obama. Mit dem Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele ist sich Gysi einig: „Wir brauchen Druck – Druck aus der Bevölkerung.“

Ströbele, der mit seinem Besuch bei Edward Snowden in Moskau die Asyldebatte um den NSA-Informanten neu entfacht hatte, sieht sogar noch Chancen, dass Merkel einlenkt – wenn der Druck der Bevölkerung weiter wächst. „Die Frau Kanzlerin“, sagt er taz.am wochenende, „hat ja in ihrer Kanzlerschaft gezeigt, dass sie auf Stimmungen in der Bevölkerung reagiert. Das bekannteste Beispiel ist die Wende in der AKW-Frage.“

Die Wochenendreportage „Kreuzberg, Moskau, Washington“ über Ströbeles Coup und seine Folgen lesen Sie in der taz. am wochenende vom 9./10. November 2013.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • KS
    Kritische Stimme

    Jetzt muss ein europaweites Programm aufgestartet werden

    All diese Information von geheimen US-Ambassadegebaeuden muss allen EULaendern mitgeteilt werden inkl. die Massnahmen die man dagegen treffen muss.

    Abhoerskandal 5 bis 10 Jahre Reparaturzeit

    EU-Politiker die jetzt von SpionageAbkommen mit USA reden sind unbelehrbar nachdem ueber 10 Jahre die ganze Schicht von fuehrenden USPolitikern die EU in allen Laendern+auf allen Ebenen vorgelogen hat.Laender wie USA haben hunderte von Milliarden Euros Steuergeld dafuer benutzt um politische,militairische,organisatorische+betriebswirtschaftliche Handelsvorteile zum Nachteil von der EU zu erzielen.Um den entstandenen Schaden in allen Laendern+auf allen Ebenen zu reparieren braucht man 5 bis 10 Jahre Zeit.Mann koennte ExpertenAusbildungsTeams bilden die kommende Jahre: die Politik,das Militair,EULaender-Infrastrukturen,Betriebe,Industrie+Handelsunternehmen mit Rat+Tat unterstuetzen.Besonders kleinere Laender brauchen Unterstuetzung weil die nicht die Expertise besitzen.Steuervorteile ueber die EU koennten nuetzlich sein.In Kommunikationsmittel+Internet+Vernetzungen+Digitalinfrastruktur muss die EU selbststaendig werden.Buergergrundrechte staerken.Hunderttausende neue Arbeitsplaetze werden dadurch kreiert

  • K
    Kimme

    "So, wie sich die Bundesregierung zur Zeit verhalte, bestehe zwischen Deutschland und den USA keine Freundschaft, sondern ein Abhängigkeitsverhältnis."

     

    "Freundschaft" ist nach Völkerrecht reine Privatsache, an diesem Punkt also komplett irrelevant.

     

    Nach dem 2. Weltkrieg haben wir mit den Amerikanern immer noch keinen FRIEDENSVERTRAG geschlossen und sind daher völkerrechtlich ein besetztes Land.

     

    Bevor wir also einen US Bürger ausweisen können, sprich überhaupt ein souverändes Land sein wollen, braucht es einen Friedenvertrag zwischen Deutschland und den USA - alles andere sind leere Worthülsen.

  • H
    Hans

    Nein, nicht raus. Zwischen Deutschland und USA bestehe eine Freundschaft und auch ein Abhängigkeitsverhältnis, denn wir Deutsche haben viele Firmen in den USA. Wir wollen doch Amerikaner nicht verärgern, um nicht unseren Wirtschaftsbeziehungen zu schaden.

  • Ich habe gerade mal bei Wikipedia nachgeschlagen. Der NSU ist am 4.11.2011 aufgeflogen. Wir befinden uns jetzt also schon seit zwei Jahren quasi in einem fortlaufenden Geheimdienstskandal. Erst NSU, jetzt NSA... Gefühlt jede Woche neue Enthüllungen, jede für sich genommen zuvor unvorstellbar.

     

    Ich tue mich schwer zu verstehen, wofür wir Geheimdienste brauchen. Was können sie tun, das einerseits für einen demokratischen Staat wichtig ist und das andererseits eine normale, durchschnittlich transparente Organisation nicht erreichen kann? Man weiß irgendwie zu wenig darüber, was sie eigentlich genau machen, deshalb ist es auch so schwer sich zu überlegen, wie man diese Dinge anders, transparenter, organisieren könnte...

  • B
    besorgt

    Wir könnten ja näher an den lupenreinen Demokraten rücken, der schon so vorbildlich Herrn Snowden Asyl gewährt hat. Mit seiner Hilfe sollte es uns gelingen dern Amerikanern eine schallende Ohrfeige zu verpassen.

  • D
    DDHecht

    Die Politiker reden hier noch immer von "Freunden" und dabei ist es doch derselbe Mist, den man über die russischen Streitkräfte auch immer erzählt hat. Niemand mit Verstand und etwas Kenntnis der Geschichte der letzten 70 Jahre kann ernsthaft mit einer solchen Gesellschaft mit ihren innen - und außenpolitischen Auswüchsen befreundet sein wollen!? Für wie viele Millionen Tote seit dem Ende des 2.Weltkriegs sind die mittlerweile vorsichtig geschätzt verantwortlich? 3-4 Millionen? Ich finde diese Politikerbande in Berlin einfach nur erbärmlich. Ich will mit diesem abscheulichen Herrenmenschentum, geschuldet der alten Sklavenhaltermentalität, nichts zu tun haben und meine Verachtung für all die Leute, die darin das Gute erkennen ist, grenzenlos.

  • Gysi? Gregor? :-) :-) :-) :-)

    • @vjr:

      ...und dieses Thema? :-) :-) :-) :-)

  • Das ist eine grundsätzliche Frage der deutschen Souveränität, die Gysi da folgerichtig stellt. Wenn die Spitzelei für die Amis hier keinerlei Konsequenzen hat, warum sollten sie ihr Vorgehen dann überhaupt jemals ändern? Merkels Gelaber von der "Freundschaft" ist doch nur Bequemlichkeit, Ignoranz und Ideenlosigkeit.

  • B
    Brennessel

    Die müssten sich doch selbst ohrfeigen. Die können mir doch nicht erzählen, dass man von alledem nichts gewusst hat. Wenn man nichts gewußt hat dann ist das eine echte Blamage für die deutschen Geheimdienste. Und nicht nur das. In dem Fall dass nicht das geringste über derlei umfangreiche Ausspähungen bekannt wurde, muss der Innenminister zurücktreten! Denn das ist doch seine AUfgabe sowas zu wissen. Verdammt noch mal.

  • Den kurzen historischen Exkurs Gysis könnte man noch ergänzen mit der Stalin Note von 1953, wo der Diktator den Westmächten eine Wiedervereinigung Deutschlands unter Wahrung seiner Neutralität angeboten hat. Wie bekannt, reagierte die damalige Adenauer -Regierung mit Wiederbewaffnung und nibelungentreuer West-Anbindung.

    Was hat denn der amerikanische “Freund“ anders gemacht als einen neuen lukrativen Markt für seine durch den 2, Weltkrieg hochgerüstete Industrie in der BRD aufzubauen?

    Europa sollte den Europäern gehören und nicht den transatlantischen Freunden, eine sehr aktuelle Sache vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Unterwerfung unter das Transantlantische Freihandelsabkommen (TAFTA)

  • PH
    Peter Haller

    Klar haben die Amis ne Backpfeife verdient !

    Ne anständige sogar !

    Aber wer soll sie ihnen verpassen ? Watschengesicht Friedrich etwa ?

    Und den "Druck aus der Bevölkerung", lieber Gysi,lieber Ströbele, den Druck werden wir wohl nicht mehr erleben. Zumindest nicht von der deutschen Bevölkerung !

    • B
      Brennessel
      @Peter Haller:

      Eigentlich müsste man doch bei derartiger Uninformiertheit der herrschenden Klasse fordern, dass der eine oder die andere zurücktritt. Was macht denn der MAD den ganzen TAg, wenn die noch nicht mal mitbekommen, dass mitten in Berlin Abhörstationen stehen?!?!?

      Wozu haben wir denn den BND?!?

      Ich glaube nicht daran dass unsere liebe Mutti Merkel von nichts wusste.

      In diesem Sinne Merkel raus!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Peter Haller:

      Richtig!

      Deutschlandtrend gestern:

      Merkel ist das mit Abstand beliebteste Politikergesicht. Ströbele taucht erstmals auf und Gysi liegt abgeschlagen hinten.

      Und das Spähthema interessiert kaum noch jemanden. Wir sollten nicht vergessen, wie umfassend (un)informiert die breite (Bild-Bunte-Gala-)Masse ist.

  • Wer Gysi drin hat, muß nicht US Diplomatie draußen haben.