Gutachten mit unerwünschtem Ergebnis: Jeder kämpft für sich allein
Eine Kooperation der norddeutschen Häfen ist nicht möglich, weist ein Gutachten nach, das die Linkspartei beauftragt hat.
HAMBURG taz | Das hatten die Auftraggeber sich anders vorgestellt. „Das ist nicht das Ergebnis, das wir gern gehabt hätten“, räumte Herbert Behrens, niedersächsischer Bundestagsabgeordneter der Linken, ein. Denn das Gutachten über die Möglichkeiten einer norddeutschen Hafenkooperation, das die Fraktion der Linken im Europaparlament beim renommierten Fraunhofer-Center für Maritime Logistik (CML) in Hamburg in Auftrag gegeben hatte, sieht dafür sehr enge Grenzen: „Die Marktmacht liegt auf Seiten der Reedereien und sie entscheiden, welche Häfen in welcher Reihenfolge von welchen Schiffen angelaufen werden“, stellte der Autor der Studie, Ralf Fiedler, bei der Präsentation am Freitag in Hamburg klar.
Häfen könnten nur Angebote machen, ob sie angenommen werden, entschieden Reedereien und deren Kunden nach betriebswirtschaftlichen Aspekten. Deshalb sei die von Umweltverbänden propagierte Idee des „Doppelcalls“ nie realisiert worden. Dieser Vorschlag sah vor, dass Containerriesen Ladung, die mit kleinen Feederschiffen in Nord- und Ostseehäfen weitertransportiert werden soll, im Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wlhelmshaven abladen. Danach könnten sie halb beladen in ihre eigentlichen Zielorte Bremerhaven oder Hamburg weiterfahren – mit weniger Tiefgang, so dass die geplanten Ausbaggerungen von Weser und Elbe überflüssig würden.
„Macht aber niemand“, sagte Fiedler, weil das ein kompliziertes Verladesystem erfordere und zudem teurer sei: „Anzunehmen, dass man Reedereien und deren Kunden vorgeben könnte, welcher Hafen anzulaufen ist, verkennt die Entscheidungsgrundlagen in der maritimen Transportkette“, mahnte Fiedler Realitätssinn an. „Die Lenkung von Ladung“ durch Hafenstädte oder Bundesländer sei nicht möglich, weil konkurrierende Unternehmen keine gemeinsamen ökonomischen Ziele hätten.
Eine Hafenkooperation von Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven sei nur „auf weichen Feldern“ möglich. Dazu zählten die Zusammenarbeit im IT-Bereich, beim Marketing oder bei der Lobbyarbeit im Bund und bei der EU.
Dennoch müsste „eine gemeinsame Hafenplanung und Investitionslenkung“ von Bund und norddeutschen Küstenländern möglich sein, meinte der Hamburger Europa-Parlamentarier Fabio de Masi. Der Hafenexperte der Hamburger Linksfraktion in der Bürgerschaft, Norbert Hackbusch, beharrte darauf, „dass es möglich sein muss, die Anlaufstrategie der Reeder zu beeinflussen“. Behrens dagegen räumte ein, dass eine Hafenkooperation nach Einschätzung des Fraunhofer-Instituts „ein Herauslösen aus der wirtschaftlichen Logik“ darstelle: „Das müssen wir akzeptieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja