Gut für Umwelt und Wirtschaft: Grüner Strom für Großbritannien
Mehr erneuerbare Energien und besser isolierte Häuser: So will die britische Regierung ihr Klimaziel erreichen. Bisher hinkt das Land bei Ökostrom weit hinterher.
Großbritannien baut seinen Stromsektor um. Ab 2020 sollen 40 Prozent des Stroms aus Energiequellen stammen, die wenig Kohlendioxid produzieren - also Wind, Meer, Sonne, Atomkraft sowie Kohlekraftwerke mit CO2-Abscheidung. Diesen Plan stellte Energieminister Ed Miliband am Mittwochabend vor.
Die Regierung will künftig entscheiden, woher der ins Netz eingespeiste Strom kommt. Mit dieser Übernahme der Planung und Infrastruktur des Strommarkts wendet sich Großbritannien nach zwölf Jahren Labour-Regierung erstmals von der Politik der Tory-Premierministerin Margaret Thatcher ab, die den Markt völlig freigegeben hatte.
Großbritannien hat sich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 34 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Bis 2050 sollen es sogar 80 Prozent werden. Dafür seien alle Bereiche gefordert, sagte Miliband: Bei der Stromerzeugung müssen 20 Prozent eingespart werden, beim Transport 10 und beim Militär 5 Prozent. Die Stromindustrie soll 3,2 Milliarden Pfund für die Verbesserung der Energieeffizienz in Privathäusern zur Verfügung stellen, die Regierung will Zuschüsse für saubere Autos gewähren.
Die Maßnahmen sollen aber nicht nur die Umwelt retten, sondern auch die britische Wirtschaft. 400.000 grüne Jobs werden dadurch geschaffen, hofft Miliband. Zudem soll Großbritannien eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung neuer Technologien und deren Export übernehmen, wodurch weitere 1,2 Millionen Jobs entstehen könnten. Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg: Obwohl Großbritannien die besten Voraussetzungen in Europa für die Nutzung von Wind und Meer hat, produziert bisher außer Malta und Luxemburg kein Land weniger Strom aus erneuerbaren Quellen.
Für die grüne Umstellung sind mindestens 100 Milliarden Pfund fällig, die zum Großteil auf die Verbraucher abgewälzt werden. So werden die Stromkosten deutlich steigen; zugleich profitieren die Verbraucher aber von niedrigeren Heizkosten durch besser isolierte Häuser. Bis 2020 soll die Energie-Effizienz bei 7,5 Millionen Häusern verbessert werden, Neubauten erhalten strikte Auflagen.
Einige der großen Stromproduzenten meldeten Bedenken an. "Die Regierung muss Unternehmen wie Eon einen Markt garantieren, um das Vertrauen zu schaffen, das für den Aufbau einer kohlendioxidarmen Zukunft notwendig ist", sagte Paul Golby, Geschäftsführer von Eon. Das Weißbuch der Regierung soll bis Jahresende zum Gesetz werden. Experten bezweifeln jedoch, dass die ambitionierten Ziele in der relativ kurzen Zeit von elf Jahren erreicht werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!