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Güterverkehr in OstafrikaCorona auf dem Beifahrersitz

Vor allem Lkw-Fahrer aus Tansania und Kenia schleppen das Virus in die Nachbarländer Uganda und Ruanda ein. Neue Tests sollen helfen.

Stoppen, auf Corona testen, warten: Lkw-Fahrer an der Grenze zwischen Tansania und Uganda Foto: Simone Schlindwein

KIGALI taz | Es hat lange gedauert, doch jetzt scheint eine Lösung in Sicht: Die Staats- und Regierungschefs der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) haben am Dienstag entschieden, ein regionales Überwachungssystem für Lastwagenfahrer in der Region einzurichten, um die Coronakrise gemeinsam einzudämmen.

In den vergangenen Wochen wurde das Coronavirus vor allem von Lkw-Fahrern über die Grenzen hinweg verbreitet, was die Ansteckungen in einigen Ländern drastisch erhöhte. Ruanda und Uganda verzeichneten in den letzten zwei Wochen kaum interne Übertragungen, weil die Grenzen und Flughäfen für Personenverkehr seit über acht Wochen gesperrt sind und die Ausgangssperren die Übertragungsraten fast gegen null gesenkt hatten.

Doch die beiden Binnenländer sind wirtschaftlich vom Güterverkehr per Lastwagen abhängig: Die Importwaren landen aus Übersee per Containerschiffen an den Ozeanhäfen von Mombasa in Kenia sowie Daressalam in Tansania und werden dann per Lkw ins Innere des Kontinents transportiert: nach Ruanda, Burundi, Ostkongo, Uganda und Südsudan. Da derzeit aber die Sars-CoV-2-Fälle vor allem in Kenia und Tansania rasant in die Höhe schnellen, besonders in den dicht besiedelten Hafenstädten, schleppen die tansanischen und kenianischen Fahrer das Virus über die Grenzen.

„Es ist klar, die verbleibende Ursache der Krankheit sind Lastwagenfahrer innerhalb Ugandas und der Region“, so Ugandas Präsident Yoweri Museveni in seiner jüngsten Ansprache. Allein am Dienstag testete Ugandas Virusinstitut knapp 1.500 Fahrer aus Kenia und Tansania, davon waren 19 positiv.

Lkws stauen sich über Kilometer

Ugandas Gesundheitsexperten sind besorgt, dass sich das Virus mit den Fahrern auch unter den zahlreichen Prostituierten entlang der Grenze verbreitet. So hatte sich in den 1980er Jahren auch das HIV-Virus rasch in Uganda ausgebreitet. Insgesamt verzeichnet Uganda derzeit 126 Corona-Fälle.

Anfang Mai hatte Ruandas Regierung beschlossen, dass tansanische Fahrer aus den Lastwagen an der Grenze aussteigen müssen, die Fahrzeuge desinfiziert werden und ruandische Fahrer übernehmen sollen. Tansanias Fahrerverband organisierte daraufhin Proteste. Sie blockierten Straßen und warfen mit Steinen. Der Grenzverkehr kam fast ganz zum Erliegen.

Das Problem: Coronatests, die an der Grenze durchgeführt werden, müssen in die Labore der Hauptstadt transportiert und dort ausgewertet werden. Das Ergebnis steht oft erst am nächsten Tag fest. Lkws stauen sich deswegen kilometerlang.

Damit soll nun Schluss sein. Lkw-Fahrer sollen nun bereits in den Häfen „alle zwei Wochen ­regelmäßig“ auf Corona getestet werden und dürfen nur mit dem Zertifikat über einen negativen Test losfahren. Dieses müssen sie an jedem Schlagbaum vorzeigen, so die EAC-Erklärung.

Mobile Labore aus Deutschland

Die Entscheidung ist während einer Videokonferenz am Dienstag getroffen worden, die der derzeitige EAC-Chef und Präsident Ruandas, Paul Kagame, einberufen hatte. Doch nicht alle Regierungschefs der sechs EAC-Staaten nahmen daran Teil. Es fehlten Tansanias Präsident John Magufuli und Burundis Präsident Pierre Nkurunziza. Beide sind jeweils mit Wahlkampf beschäftigt und ignorieren die Coronakrise gekonnt.

Hilfe kommt nun auch aus Deutschland: 27 Millionen Euro investierte die deutsche Bank für Wiederaufbau (KfW) in mobile Labore zur schnellen molekularbiologischen Diagnostik von Infektionskrankheiten in Ostafrika. Die ersten beiden Labore wurden bereits an Ruanda und Uganda übergeben. Sie könnten entlang der Grenzposten installiert werden – und damit die Auswertung der Tests auf knapp fünf Stunden verkürzen.

Laut Auskünften des ruandischen Biomedizinischen Zentrums (RBC) hängen die Labormaschinen aus Deutschland jedoch auf dem Importweg irgendwo in Tansania fest.

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