Guerilla-Anführer in Peru: Abimael Guzmán ist tot
Guzmán war der Anführer der berüchtigten Guerillagruppe „Leuchtender Pfad“. Der zu lebenslanger Haft verurteilte starb mit 86 Jahren im Gefängnis.
Es war ein surreales Spektakel: In einer raubtierkäfigähnlichen Zelle präsentierten die peruanischen Behörden den Gefangenen mit der Nummer 1509. In schwarz-weiß gestreifter Häftlingskutte reckte der bärtige Guerillaführer den Fotografen die erhobene Faust entgegen.
Guzmán war im September 1992 bei einer Geheimdienstoperation festgenommen worden, ohne dass dabei Schüsse abgefeuert wurden. Monatelang hatten die Agenten das Haus beobachtet, der eine Ballettschule als Fassade diente. Mit ihm wurde auch die heute 73-jährige Elena Iparraguirre festgenommen, die er 2010 im Gefängnis heiratete.
Anfang der 1970er Jahre gründete Guzmán den Leuchtenden Pfad, der erstmals im Mai 1980 mit einer militanten Aktion in Erscheinung trat. Fünf Vermummte stürmten in ein Wahllokal in einer Kleinstadt in der südlichen Provinz Ayacucho und verbrannten die für die Präsidentschaftswahlen am kommenden Tag bereits vorbereiteten Urnen.
Einer der blutigsten Konflikte Lateinamerikas
Es war der Auftakt zu einem der blutigsten und grausamsten Konflikte Lateinamerikas, bei dem von 1980 bis 2000 rund 70.000 Menschen bei den Kämpfen zwischen der Guerillaorganisation und den Streitkräften ums Leben kamen, heißt es in dem 2003 veröffentlichten Bericht der peruanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission.
Guzmán wurde am 3. Dezember 1934 in der südlichen Provinz Arequipa geboren. Dort ging er zur Schule, machte später seinen Universitätsabschluss in Recht und Philosophie und lehrte ab 1962 als Hochschuldozent Philosophie.
In den Jahren 1965 und 1967 reiste er nach China, zu einer Zeit, als unter Maos Tse-tungs Führung die Kulturrevolution begann. „Peru war das einzige Land in Lateinamerika, in dem die Abspaltung der Maoisten von Bedeutung war“, heißt es in dem Bericht der Kommission.
Ideologisch betrachteten sie Peru wie China als halbfeudales Land, in dem die kapitalistische Durchdringung erst am Anfang stand, weshalb die Macht durch einen langen und bewaffneten Volkskrieg vom Land aus errungen werden musste.
Der politische Einfluss der Gruppe ist heute gleich null
Das Alleinstellungsmerkmal des Sendero war seine maoistische Ausrichtung. „Der größte Völkermörder in unserer Geschichte ist tot, aber nicht seine Terrorbande“, twitterte Limas rechtsliberaler Bürgermeister Jorge Muñoz.
Offiziell aufgelöst hat sich die Gruppe nie, ihr politischer Einfluss ist gleich null. Ihre zahlreich belegten Gräueltaten dienen Perus Politikern jedoch immer wieder auch für die eigene Sache.
Zwar sitzt der ehemalige Präsident Alberto Fujimori wegen Menschenrechtsverbrechen seit Jahren hinter Gittern, aber seine Popularität und die von seiner Tochter Keiko speist sich noch immer aus seinem gewaltsamen Vorgehen gegen die Guerilla. Neuere Vorfälle werden schnell der Gruppe zugeschrieben, die sich vor allem mit Drogenhandel über Wasser halten soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles