Gruppe H: Polen – Kolumbien: Do Widzenia, Polska

Anfangs ein zerfahrenes Spiel: Polen spielt einfallslos, Kolumbien ein weniger agiler. In der zweiten Hälfte wird es eine ganz klare Sache.

Yerry Mina köpft zum 0:1 ein. Es sollte für Polen noch schlimmer kommen Foto: AP

Die Voraussetzungen: Für Polen und Kolumbien geht es in Kasan um nichts weniger, als den Verbleib im Turnier. Beide haben ihr Auftaktspiel in der Gruppe H verloren (Polen unterlag gegen Senegal 1:2, Kolumbien gegen Japan ebenfalls 1:2) Ergo: Beide Mannschaften brauchen unbedingt einen Sieg. Sonst droht die vorzeitige Heimreise.

Die Kolumbianer spielen in voller Mannschaftsstärke. Damit war gegen Japan bereits in der 3. Minute Schluss, als Carlos Sanchez Rot sah. Und sie setzen wieder voll und ganz auf ihren Stürmerstar James Rodriguez. Im ersten Spiel laborierte der Bayern-Spieler an einer Wadenverletzung herum und wurde erst in der zweiten Halbzeit eine halbe Stunde vor dem Abpfiff eingewechselt. Jetzt soll Rodriguez, nach Aussage des Trainers José Nestor Pekerman, wieder fit und von Beginn auf dem Platz sein.

Das Ergebnis: 0:3 (0:1).

Das Spiel: 1. Hälfte: Nicht nur Kolumbien und Polen spielen mit, sondern auch Angst und Nervosität. Man sieht mehr und häufiger sich vor Schmerzen krümmende Körper am Boden liegen, als zwingende Torszenen. Stattdessen präsentieren beide Teams ein planlos-uninspiriertes Herumgebolze. Schöne Spielszenen sehen anders aus. Abel Aguilar muss verletzungsbedingt vom Platz (32.). Zumindest die Kolumbianer haben begriffen, dass sie in den gegnerischen Strafraum vordringen müssen. Dann fällt das erste Tor – für Kolumbien. Wieder aus einer Standardsituation heraus, aber immerhin bringt Yerry Mina den Ball im polnischen Tor unter (40.).

Halbzeit: Die Wade von James Rodriguez hat gehalten. Wo war Robert Lewandowski? In der Aufstellung ist er aufgetaucht, bleibt aber in den ersten 45 Minuten weitgehend unsichtbar. Jetzt müssen die Polen liefern. Werden sie dazu in der Lage sein?

Zweite Hälfte: Eindeutig nein. Polen holzt weiter. Die Mannschaft scheitert immer wieder an einer Überbrückung des Mittelfelds. Das ist aus polnischer Sicht kein Fußball-, sondern ein Trauerspiel. Dann hat der mit Bällen unterversorgte Lewandowski (das ändert sich auch später nicht) doch noch eine Chance (57.), doch wieder nichts (Polnisch: nic!). Radamel Falcao schießt ein Tor (70.). Juan Cuadrado legt noch einen drauf (75.). Zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kommt Lewandowski nochmal zum Torschuss – wieder nic! Der Mann kann einem schon fast leid tun. Fünf Minuten Nachspielzeit. Das braucht keiner – weder die Zuschauer noch die Rot-Weißen. So grausam kann Fußball sein!

Der Kaczynski-Faktor: Jaroslaw Kaczyński, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei PiS und heimlicher Regierungschef, hat sich bis jetzt in Russland nicht blicken lassen, um seine Truppe zu unterstützen. Na logisch nicht. Man weiß ja nicht, ob man lebend aus Russland zurückkommt. Sein Zwillingsbruder Lech, damaliger Präsident, kam am 10. April 2010 bei einem Flugzeugabsturz über Smolensk ums Leben. Für Jaroslaw steht fest: Die Russen waren's. Wahrscheinlich sind sie auch am Ausscheiden der Polen bei der WM schuld.

Die Stadien der WM

Dort beginnt und endet alles: Im Luschniki-Stadion in Moskau finden das Eröffnungsspiel am 14. Juni, weitere fünf Spiele und das Finale am 15. Juli statt. Im Jahr 1956 gebaut und seither mehrfach umgestaltet, ist es mit gut 81.000 Plätzen das größte aller russischen WM-Stadien. Foto: AP

Einmal Stadion rot-weiß, bitte. Nochmal Moskau, diesmal das Spartak-Stadion. Dort spielt der russische Rekordmeister. Mehr als 45.000 Zuschauer fasst das Gebäude, das eine ähnliche Planungszeit hatte wie der Berliner BER und dessen Fertigstellung sich mehrfach verschob – bis ins Jahr 2014. Für fünf Spiele muss es herhalten. Foto: dpa

Sechsmal werden die rund 48.000 Plätze während der WM voll besetzt sein: Das Olympiastadion in Sotschi, auch „Fischt“ genannt, hat schon die Eröffnungs- und Schlussfeier der olympischen Winter- und Dopingspiele 2014 erlebt und wurde dann nochmal umgebaut. Meistens steht es leer, weil es in Sotschi keinen großen Fußballverein gibt. Foto: dpa

Ist das Rote da ... Blut? Ach was, alles harmlos, auch wenn das Mordowia-Stadion in Saransk in der russischen Region Mordwinien liegt. Die Farbe soll an die rote Sonne in der Flagge Mordwiniens erinnern. Das Ding ist nagelneu, bietet mehr als 44.000 Sitzplätze, beherbergt vier Vorrundenspiele und wird nach der WM sofort verkleinert. Foto: AP

Gerade erst fertig geworden. Die Kosmos-Arena oder, weniger protzig, das Stadion in Samara hat knapp 45.000 Sitzplätze, beansprucht aber mehr als 150.000 Quadratmeter an Platz. Es ist das Stadion mit der größten Fläche und blieb lange, wie rusische Medien spotteten, auch „das Stadion mit den größten Problemen“. Sechs Spiele finden in Samara statt. Foto: dpa

Gleich sieben Spiele werden im Sankt-Petersburg-Stadion zu sehen sein. Mehr als 68.000 Zuschauer finden Platz im 2017 pünktlich zum Federations-Cup eröffneten Gebäude. Mindestens 800 Millonen Euro kostete der Bau, ganz dicht soll das Dach immer noch nicht sein. Foto: dpa

Hier baut der Präsident noch selbst. In der Kasan-Arena legte Wladimir Putin den Grundstein, damals als Ministerpäsident. Gut 45.000 Zuschauer passen seit 2013 auf die Ränge. Vier Gruppenspiele (darunter Deutschland gegen Südkorea), ein Achtel- und ein Viertelfinale werden in Kasan ausgetragen.

Nagelneu und schon beschädigt? Die Spezialisten der Datenbank StadiumDB.com schreiben von Rissen im Beton der Wolgograd-Arena, in der erst im März 2018 der Spielbetrieb freigegeben wurde. Mehr als 45.000 Zuschauer werden vier Vorrundenspiele zu sehen bekommen und dabei hoffentlich nicht abstürzen. Foto: dpa

Wie ein Whirlpool kommt das Stadion in Nischni Nowgorod daher. Es ist ein Neubau, der knapp 45.000 Zuschauern Platz bietet. Die tatsächlichen Baukosten sollen die geplanten Baukosten nur um 20 Millionen Euro überschritten haben, heißt es. Ein Klacks! Zur Belohnung gibt es vier Gruppenspiele, ein Achtel- und ein Viertelfinale. Foto: dpa

Noch so ein Stadion, das extra zur WM gebaut wurde: Die Rostow-Arena in Rostow am Don. Flusslage, sehr schön, Fans von Werder Bremen kennen das. Mehr als 45.000 Zuschauer werden vier Gruppenspiele und ein Achtelfinale zu sehen bekommen. Foto: dpa

Als Stalin starb, entstand dieses Bauwerk. Das Zentralstadion in Jekaterinenburg gibt es seit dem Jahr 1953. Nach zahlreichen Aus- und Umbauten fasst es mittlerweile knapp 36.000 Zuschauer. Die Stahltribüne auf einer Seite ragt aus dem Stadion ins Freie heraus. In Jekaterinenburg werden vier Gruppenspiele zu sehen sein. Foto: dpa

Klein, kleiner, Kaliningrad: Das auch Arena Baltika genannte Stadion hat 35.000 Plätze, ist erst im April fertig gestellt worden und trägt vier Vorrundenspiele aus. „Das westlichste Stadion der WM“, urteilte das Branchenportal „Stadionwelt.de“ Foto: dpa

Und nun? Polen fährt nach Hause, aber sie haben es ja nicht weit. Klar ist: Die Ein-Mann-Nummer mit Lewandowaski reicht leider nicht. Kolumbien kann es schaffen. Wenn denn die Wade von Rodriguez hält und der schwächelnde Torwart David Ospina sich erholt.