Grüner Spitzenkandidat für Berlin: Werner Graf soll ins Rote Rathaus
Am Ende ging es ganz schnell. Werner Graf und Bettina Jarasch gehen für die Grünen in den Wahlkampf. An Nummer eins steht der Mann der Parteilinken.

Mit diesem Votum, über das zuerst der Tagesspiegel berichtet hatte, hat der Landesvorstand am Montagabend die Notbremse gezogen. Ursprünglich sollte die Reihenfolge nämlich andersherum lauten: Bettina Jarasch und Werner Graf. Doch dann hagelte es Kritik von der Parteilinken. Diese hat sich nun durchgesetzt. Allerdings nicht mit einer Frau an der Spitze, sondern mit Werner Graf, der zusammen mit Jarasch auch die Spitze der Fraktion im Abgeordnetenhaus bildet.
Ein „Power-Couple“ nennen Nina Stahr und Philmon Ghirmai das Spitzenduo Graf und Jarasch in einem Schreiben an die Parteimitglieder. Mit ihnen könne in Berlin wieder etwas bewegt und der Plan- und Perspektivlosigkeit der letzten Jahre ein Ende gesetzt werden. „Die beiden“, heißt es, „machen der Stadt ein kraftvolles Angebot, in dem die Zukunft Berlins und der Zusammenhalt in der Stadt im Mittelpunkt stehen.“
Auch Graf und Jarasch selbst haben sich inzwischen zu Wort gemeldet. Sie kritisieren vor allem die Politik des schwarz-roten Senats. „Berlin ist härter und auch dreckiger geworden“, heißt es in ihrem Schreiben. „Doch die Landesregierung aus CDU und SPD schaut dabei zu, wie sich die Lage immer weiter verschärft.“
Statt auf Zusammenhalt, so Graf und Jarasch, setzten CDU und SPD auf das „Recht des Stärkeren“. „Sie streichen beim Sozialen, lassen die Mieter*innen im Stich, zerstören Freiräume für Kultur und Wissenschaft. Und nicht nur das: Sie setzen die Zukunft unserer Stadt aufs Spiel, wenn sie alles rückabwickeln, was mit Klimaschutz und Verkehrswende zu tun hat.“
Linke Frauen hatten abgesagt
Dass mit Graf am Ende ein Mann das Rennen machte, geht auf die Absagen der parteilinken Kandidatinnen zurück. Zuerst erklärte die ehemalige Familienministerin Lisa Paus, dass sie für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe. „Mein Platz ist im Bundestag, auch und gerade jetzt in der Opposition“, schrieb Paus in einem Brief, über den zuerst die taz berichtet hatte.
Später erklärte auch die ehemalige Fraktionsvorsitzende Antje Kapek ihren Rückzug. Auch der – ebenfalls dem linken Flügel zugehörige – ehemalige Landesvorsitzende und Finanzsenator Daniel Wesener hatte erklärt, nicht als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stehen.
Formal abgesegnet soll die Personalie auf einem Landesparteitag im November. Zuvor soll es im Herbst eine Reihe von Veranstaltungen geben, auf denen die Mitglieder zu Wort kommen sollen. Darunter der Landesausschuss am 1. Oktober und die FLINTA-Vollversammlung am 11. Oktober 2025. Auch sollen „weitere digitale Gesprächsformate wie Themen-Salons und Zuhör-Veranstaltungen sowie Sprechstunden stattfinden, damit ein direkter Austausch mit den Kandidierenden möglich ist“, teilen Stahr und Ghirmai mit.
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