Grüner Politiker über Games-Förderung: „Entwickler brauchen Verlässlichkeit“
Bei der Gamescom zeigte sich Minister Scheuer noch mit Spendierhosen. Der Grüne Sven-Christian Kindler sagt, davon sei nichts geblieben.
taz: Herr Kindler, der Bundesverkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) hat auf der diesjährigen Gamescon gesagt, dass er 50 Millionen Euro zur Förderung der Gamingbrache geben würde. Glauben Sie, er wird das auch machen?
ist Mitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und haushaltspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion.
Sven-Christian Kindler: Minister Scheuer hat als Mitglied der Bundesregierung im Kabinett seine Zustimmung zum Haushaltsentwurf gegeben. Daher ist es ziemlich unglaubwürdig, wenn er auf der Gamescom behauptet, sich für die Fortführung der Computerspielförderung einzusetzen. Minister Scheuer hatte es bei der Haushaltsaufstellung seines Etat selbst in der Hand. Der Verkehrsetat für 2020 beträgt fast 30 Milliarden Euro und dort sollen nicht 50 Millionen umzuschichten sein? Come on, das glaubt doch kein Mensch. Die traurige Wahrheit ist: Scheuer hat in seinem Haushalt trotz Klimakrise den Schwerpunkt auf den Neubau von Straßen gesetzt und will hier auch 2020 wieder Milliarden verschwenden. Der eSport liegt Andreas Scheuer leider nur am Herzen, wenn er sich auf der Gamescom mit der Konsole in der Hand fotografieren lassen kann.
Warum ist es Ihnen so wichtig, Herrn Scheuer zu kritisieren?
Die Games-Förderung in Deutschland darf keine Eintagsfliege bleiben, ansonsten wird sich das wirtschaftliche Potenzial von eSport in Deutschland nicht entfalten. Es ist ein Armutszeugnis, dass Andreas Scheuer für 2020 die Computerspielförderung wieder aus seinem Etat gestrichen hat. Die Games-Entwickler brauchen Verlässlichkeit und keinen Minister, der heute ja und morgen nein sagt.
In welchen Teil der Gamingbrache sollte vor allem investiert werden?
Auch im Jahr 2019 befindet sich die staatliche Unterstützung für Games in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen, was im Verhältnis zu anderen Kulturgütern und deren hohen Förderetats nicht mehr zu vermitteln ist. Bisher ist eine Förderung nur für Antragsstellende vorgesehen, die bereits Umsätze vorweisen können, was Start-Ups und kleine Unternehmen von der Förderung ausschließt. Wichtig ist aber, dass auch kleinere und mittelständische Unternehmen und Start-Ups Zugang zur Förderung haben. So kann die Gamesbranche in der Breite unterstützt werden.
Werden Sie sich auch weiter für die Gamingbrache einsetzen?
Ja. Jetzt stehen die Haushaltsverhandlungen im Bundestag an. Wir werden Herrn Scheuer an seine Versprechen von der Gamescom erinnern und darauf drängen, dass auch 2020 ein Haushaltstitel für die Gamesförderung, gerade auch für die kleineren Unternehmen und für Start-Ups, zur Verfügung steht.
Der Interviewer Ethan Goetz ist 14 Jahre und taz-Schülerpraktikant.
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