Grünen-Politikerin zum EU-Gipfel: „Klimaschutz wird massiv gekürzt“
Der Gipfel hat ökonomisch halbwegs Sinnvolles für Südeuropa gebracht, sagt Franziska Brantner. Für die Zukunft der EU sei das zu wenig.
taz: Frau Brantner, hilft der Gipfel der EU aus der Krise?
Franziska Brantner: Das Konjunkturpaket wird helfen. Das Volumen ist mit 750 Milliarden Euro ja gleich geblieben. Der Anteil der Hilfen ist mit 390 Milliarden Euro die unterste Grenze, um noch ökonomische Wirkungen zu erzielen. Bei noch mehr Krediten und geringeren Hilfen wäre das nicht mehr so gewesen. Aber leider wurde gerade Klimaschutz, Gesundheit und Digitalisierung massiv gespart.
Wie gravierend ist das?
Es geht um hohe Beträge. Bei Forschung wurde ein Fünftel für den siebenjährigen EU-Haushalt gekürzt, gemessen am Vorschlag der EU-Kommission. Beim Fonds für den Kohleausstieg wurde von 30 auf 10 Milliarden Euro gekürzt, bei der Gesundheit von 9 auf weniger als 2 Milliarden. Ähnlich ist es bei der Digitalisierung. Diese drastischen Einschnitte im EU-Haushalt betreffen ausschließlich Zukunftsthemen, bei Agrarsubventionen wird kein Cent gestrichen.
Ist das eine Entmachtung des Europäische Parlaments?
Es ist eine Entmachtung der europäischen Zukunft. Ich hoffe, dass das Europäische Parlament Wege findet, die Zukunftsprogramme wieder aufzustocken.
Haben die geizigen vier die EU erpresst?
Das kann man so sagen. Es ging ihnen um mehr Rabatte und eigene Vorteile. Der Österreicher Sebastian Kurz hat Südeuropa als kaputte Systeme bezeichnet. Solche Polemik lässt für die Zukunft der EU nichts Gutes ahnen.
Die 40-Jährige ist europapolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion.
Sind Sanktionen gegen EU-Staaten, die Demokratie und Rechtsstaat demolieren, nun leichter?
In dem Abschlusspapier heißt es zwar, dass im Europäischen Rat künftig die qualifizierte Mehrheit reichen soll. Die Passage ist aber völlig vage. Faktisch wurde die Frage in die Zukunft vertagt und Herrn Orbán wurde dafür weiterhin ein Vetorecht eingeräumt. Über die Ausgestaltung, also was wie sanktioniert werden soll, soll der Europäischen Rat entscheiden. Dort gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Aber eigentlich gehört das in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, wo Unganr kein Vetorecht hat. Deswegen ist das Ergebnis unerträglich.
Ist der Kampf um Sanktionen in der EU verloren?
Nein, die EU-Kommission muss mutig einen Gesetzesvorschlag in das Europäische Parlament einbringen. Es ist möglich, dort auf Sanktionen zu drängen. Insofern ist dieser Kampf nicht verloren, aber auch längst nicht gewonnen.
Die Lektion dieses Gipfels?
Wir sehen deutlich wie selten die Grenzen des Europäischen Rats. Der entscheidet über zu viel, ist auf Einstimmigkeit angewiesen und intransparent. Wir müssen neue Wege finden.
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