Grünen-Politikerin geht: Nebahat Güçlü verlässt ihre Partei
Nach langem Streit über ihren Wahlkampfauftritt bei der „Türkischen Föderation“ tritt Hamburger Grünen-Politikerin aus.
HAMBURG taz | Erst sollte sie rausgeworfen werden, am Mittwoch ging sie dann selbst: Die Hamburger Grünen-Politikerin Nebahat Güçlü trat nach wochenlangen Querelen um ihren Wahlkampfauftritt bei der „Türkischen Föderation“ aus der Partei aus. In der Bürgerschaft sitzt sie nun als fraktionslose Abgeordnete.
Güçlü war am 18. Januar zu Gast bei der „Föderation“, der deutschen Vertretung der türkischen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP), die den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ nahe steht. Kurz vor der Hamburg-Wahl hatte der Grünen-Landesvorstand deshalb Güçlüs Parteiausschluss beantragt, konnte sich aber vor dem Landesschiedsgericht nicht durchsetzen. Nach Ostern sollte geklärt werden, ob die Grünen die Abgeordnete in ihre Fraktion aufnehmen.
Das hat sich nun erledigt. „Leider sehe ich keine Grundlage mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagt Güçlü. Die Parteiführung habe sie „einer Situation ausgesetzt“, die sie als „öffentliche Steinigung empfunden habe“. Güçlü verweist dabei auf ein Protokoll aus dem Landesvorstand, in dem es heißt, wichtig sei es, „gleich am Anfang hart zu sein, um sich dann nicht von der Presse in einer Salamitaktik vor sich her treiben lassen zu müssen. Das jetzt vereinbarte Verfahren muss bis zur Wahl durchzuhalten sein.“ Sollte sich herausstellen, dass keine Grundlage für einen Parteiausschluss bestehe, „dann wird dies das Schiedsgericht nach der Wahl feststellen“ – und der Landesvorstand werde „sich entschuldigen“. Selbst diese Entschuldigung sei ausgeblieben, schreibt Güçlü, Der Vorstand weigert sich bislang, zu ihren Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Inzwischen hat die Affäre auch Auswirkungen auf das Berufsleben der 49-Jährigen: Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg kündigte Güçlü zu Ende April – ohne Angabe von Gründen. Die Politologin war bei dem Verband seit 2011 in der Beratung von Migrantenselbstorganisationen tätig. Nach Informationen der taz gab es Druck aus einigen der rund 350 Mitgliedsorganisationen des Verbands, die Güçlü nach ihrem Auftritt als Referentin für nicht mehr tragbar halten. Güçlü kündigte an, gegen die Kündigung juristisch vorzugehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt