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Grünen-Fraktionsvize zum Haushaltsstreit„Über Mehreinnahmen sprechen“

Die Kindergrundsicherung sei das „zentrale sozialpolitische Vorhaben der Koalition“, betont Andreas Audretsch. Im Haushalt brauche es das Geld dafür.

Für die Kindergrundsicherung muss Geld vorhanden sein Foto: Lorna Rande/Design Pics/imago
Hannes Koch
Interview von Hannes Koch

taz: SPD, Grüne und FDP streiten öffentlich über das Geld. Warum ist die Ampel-Regierung in einer so schwierigen Lage?

Andreas Audretsch: Wir haben komplizierte Fragen zu klären. Beim Haushalt geht es um in Zahlen gegossene Zukunftsentscheidungen. Es wäre doch traurig, würde darum nicht gerungen.

In den großen Fragen – Corona, Krieg, Inflation – handelte die Bundesregierung oft schnell und konsequent. Treten nun die alten Gegensätze wieder hervor?

Die Koalition hat das gemeinsame Ziel, dass Deutschland stärker aus der Krise herauskommt, als wir hineingegangen sind. Mehr Unabhängigkeit von Diktatoren und mehr Klimaschutz gibt es nur, wenn wir in Erneuerbare Energien investieren. Wir brauchen Mittel für Diplomatie und die Bewältigung humanitärer Krisen wie derzeit in der Türkei und in Syrien. Viele Staaten stellen sich ja gerade die Frage, welche Partner verlässlich sind. Und wir haben uns gemeinsam – SPD, Grüne und FDP – vorgenommen, Kinderarmut zu bekämpfen. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut, darum ist die Kindergrundsicherung das zentrale sozialpolitische Vorhaben der Koalition. Auch dafür muss Geld vorhanden sein.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) betont, nicht alles lasse sich gleichzeitig bezahlen. Stellen Sie die zwischen den drei Parteien vereinbarte Obergrenze des Bundeshaushalts 2024 in Frage?

Wichtig ist, dass alles auf den Tisch kommt. Wir können durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen Geld einsparen, und natürlich müssen wir auch über mögliche Mehreinnahmen sprechen. Menschen, die sehr viel Geld haben, können etwas mehr beitragen, die Wirtschaftsweisen haben beispielsweise einen Energiesoli vorgeschlagen. Die Schuldenbremse einzuhalten muss bedeuten, andere Möglichkeiten aktiv zu nutzen.

Bild: Vincent Villwock
Im Interview: Andreas Audretsch

38, ist Fraktionsvize der Grünen im Bundestag und verantwortlich für Haushalt, Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Soziales. Der Wahlkreis des Sozialwissenschaftlers ist Berlin-Neukölln.

Wollen Sie mit den 424 Milliarden Euro auskommen, die als Obergrenze für den Haushalt 2024 in der gemeinsamen Finanzplanung der Ampel stehen?

Wir diskutieren ja derzeit gerade über die Eckwerte für 2024 und die Finanzplanung. Erst die Beratung über die Prioritäten, dann der Beschluss.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hat rund 12 Milliarden Euro pro Jahr für die Kindergrundsicherung erst ab 2025 angemeldet. Warum dann der Ärger jetzt schon?

Derzeit nehmen nur etwa 30 Prozent der Familien die ihnen zustehenden Leistungen in Anspruch, das werden wir ändern, und das gibt es nicht zum Nulltarif. Die Gelder dafür müssen wir schon in diesem Jahr mitdenken. Das ist Teil der mittelfristigen Finanzplanung, über die wir ebenfalls jetzt entscheiden.

Wirtschaftsminister Robert Habeck peilt eine grüne Industriepolitik an, um etwa Stahlproduzenten bei der Umstellung auf grünen Wasserstoff finanziell zu unterstützen. Die FDP sieht das kritisch. Werden die Milliarden, die das kostet, im Haushalt enthalten sein?

Falsch wäre es, pauschal Steuern für alle Unternehmen zu senken, ohne ökologische Lenkungswirkung. Es lohnt ein Blick in die USA. Die Biden-Administration erhöht die Einnahmen und investiert mit ihrem Inflation Reduction Act gezielt in ökologische Transformation. Dieser Gedanke kann handlungsleitend auch für uns sein.

Wird der Verteidigungsetat im kommenden Jahr deutlich mehr Mittel aufweisen als die 50 Milliarden Euro im Jahr 2023?

Die Bundeswehr braucht eine gute Ausstattung, und das kostet Geld. Wir haben bereits 100 Milliarden Euro in einem Sondervermögen bereitgestellt. Es wird Zeit, dass nun die Beschaffungsstrukturen auf Vordermann gebracht werden, dass das Geld zum Einsatz kommt. Das ist derzeit die drängende Frage.

Die 2022 beschlossenen 200 Milliarden Euro Sondervermögen für die Gaspreisbremse werden nur teilweise gebraucht und stehen grundsätzlich auch noch 2024 zur Verfügung. Wäre das der Weg in ein gutes Jahr 2024?

Es ist zu früh zu beurteilen, welcher Teil der 200 Milliarden Euro im Frühjahr 2024 noch vorhanden ist. Wir haben das Versprechen gegeben, die Energiekosten berechenbar zu halten, das steht im Fokus. Über alles Weitere wird später entschieden.

Schon am 15. März soll das Kabinett die Eckpunkte für den nächsten Etat beschließen. Schaffen Sie das?

Wir müssen zu einem guten Ergebnis kommen. Davon hängt ab, wann wir die Eckpunkte beschließen können.

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