Grüne zum Jamaika-Aus in Kiel: „Keine gemeinsame Basis“
Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein ist beendet. In Kiel werden künftig zwei Parteien regieren: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb.
Es sei nicht gelungen, den „Geist von Jamaika“ auf beide Partner zu übertragen, sagte Günther, als er nach den gescheiterten Verhandlungen in einem Kieler Hotel vor die Journalist*innen trat. Diesen Geist hatten Schwarz, Grün und Gelb vor fünf Jahren beschworen, als die Parteien zum ersten Mal über das Dreierbündnis diskutierten.
Die Koalition hatte ohne großen Streit zusammengearbeitet und die Belastungen, etwa durch die Coronapandemie, vergleichsweise gut gemeistert. Die gute Stimmung, die nach Aussagen aller Regierungsfraktionen im Kabinett und dem Landtag herrschte, übertrug sich auf die Bevölkerung: Jamaika war laut Umfragen so beliebt, dass eine Mehrheit sich gern weiter von dieser Koalition regieren lassen wollte.
Aber, so die Grünen-Spitzenkandidatin Aminata Touré: „Die Wähler*innen haben eine klare Entscheidung getroffen. Es gibt neue Mehrheitsverhältnisse.“ Bei der Wahl am 8. Mai hatten CDU und Grüne zugelegt, die FDP dagegen an Stimmen verloren. Tourés Partnerin im Spitzenduo, die amtierende Finanzministerin Monika Heinold, hatte bereits vor der Wahl deutlich gemacht, dass die Grünen nur weiterregieren würden, wenn sie auch gebraucht würden. Koalitionen müssten „auf Augenhöhe“ arbeiten können.
Im neuen Landtag hätte ein Jamaika-Bündnis eine erdrückende Mehrheit, dem Regierungslager mit 53 Sitzen würden nur 16 Oppositionsabgeordnete der SPD und der Minderheitenpartei SSW entgegenstehen. Vor allem die SPD hatte vor den Folgen so einer „XXL-Koaltion“ gewarnt.
Mehr Streitpunkte zwischen CDU und Grüne
Heinold stellte nach der Sondierungsrunde am Donnerstag fest, dass „es keine gemeinsame Basis für die nächsten fünf Jahre gibt“. Sowohl Grüne als auch die FDP – die sich mit der Fortsetzung von Jamaika hätten anfreunden können – stehen als Juniorpartner bereit.
Dabei gibt es deutlich mehr Streitpunkte zwischen CDU und Grünen, etwa um das Tempo der Energie- und Verkehrswende oder um soziale und schulpolitische Fragen. Allerdings wäre für Daniel Günther, der in der CDU den liberalen Flügel vertritt, eine Regierung mit den Grünen eine modernere und interessantere Variante als die Rückkehr zum klassischen Schwarz-Gelb-Modell.
Rechnerisch könnte die CDU, die nur einen Sitz von der absoluten Mehrheit im Landtag entfernt ist, auch mit den beiden anderen Parteien im Landtag regieren: der SPD, die bei der 'Wahl am 8. Mai auf nur noch 16 Prozent abgestürzt war, oder der Minderheitenpartei SSW, die mit vier Mandaten kleinste Gruppe Im Landtag ist. Politisch wären das aber unwahrscheinliche Kombinationen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid