Grüne ohne Spitzenteam: Aus für grüne Wurzelzwerge
Die Grünen küren jetzt doch kein Spitzenteam zur Ergänzung von Renate Künast und Jürgen Trittin. Es gebe genug Prominente.
Die Grünen können ihren Spitzenplatz in der Wahlkampfpannenstatistik vorläufig verteidigen. Nach dem Streit über die Haltung zur möglichen Ampelkoalition musste der Bundesvorstand nun die Kür eines "Spitzenteams" abblasen.
Das "Wahlkampfteam 09" sollte die SpitzenkandidatInnen Renate Künast und Jürgen Trittin beim Repräsentieren der Partei ergänzen. Dafür vorgesehen waren die Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir, Fraktionschef Fritz Kuhn, Wahlkampfleiterin Steffi Lemke, die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sowie die Nordrhein-WestfälInnen Bärbel Höhn und Volker Beck und die Junggrüne Nicole Maisch. Der ganze Trupp sollte auf dem Parteitag in neun Tagen per Akklamation bestätigt werden.
Doch nun lieber doch nicht. Einige Kreisverbände hatten zum Parteitag beantragt, die Kür abzusagen - es sei ohnehin keine demokratische Wahl. Daraufhin fand eine Mehrheit aller Landeschefs das Spitzenteam in Gänze überflüssig und drängte den Bundesvorstand zum Rückzug von der Idee. "Es gibt keine Notwendigkeit einer Diskussion über die Notwendigkeit des Wahlteams", sagte Baden-Württembergs Landesvorsitzende Petra Selg zur taz.
"Das Spitzenteam ist nun wirklich nicht schlachtentscheidend oder eine 1a-Priorität", sagte auch der nordrhein-westfälische Landeschef Arndt Klocke. NRW hatte zwar zuletzt darauf bestanden, neben Bärbel Höhn auch den parlamentarischen Geschäftsführer Volker Beck ins Team aufzunehmen. Doch scheint Klocke damit leben zu können, statt eines NRW-betonten Spitzenteams nun gar keines zu bekommen.
Höhn selbst wollte die Team-Idee schon länger beerdigen. "Vor vier Jahren war das etwas anderes", erklärte sie am Mittwoch der taz. "Da hatten wir an der Spitze Joschka Fischer" - und neben dem sollten auch andere Köpfe noch vorkommen. Nun aber gebe es wahrhaftig genug Prominente, sagte Höhn. Keinesfalls habe sie darauf gedrängt, Unprominente wie Maisch aus dem Team herauszuhalten. Letzteres wurde Mittwoch in Berlin kolportiert.
"Wir wollten einfach keine weitere Debatte darüber, wer in welchem Schönheitswettbewerb welchen Platz belegt", erklärte der Hessenchef Tarek Al-Wazir. Zum von anderer Seite erhobenen Vorwurf, der Bundesvorstand habe reichlich lange gebraucht, das unterm internen Spottnamen "Wurzelzwerge" firmierende Team abzuräumen, sagte er: "Lieber spät einen richtigen Beschluss fassen, als an einem falschen festhalten."
"Das ist doch bloß alles Nabelschau", stöhnte eine Betroffene. Andere nannten das Spitzenteam ein "überflüssiges Erbe" aus der Zeit, da Exparteichef Reinhard Bütikofer die Machtverteilung zwischen Partei- und Fraktionschefs sowie Jürgen Trittin austarieren musste. Der Abgeordnete Omid Nouripour sagte: "Die tickenden Strukturbomben haben wir nun alle beseitigt. Jetzt können wir mit Wahlkampf anfangen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär