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Grüne in Baden-WürttembergKretschmanns Staatsminister geht

Klaus-Peter Murawski stand wegen der Stuttgarter Klinik-Affäre in der Kritik. Für seinen Rückzug nennt der 68-Jährige gesundheitliche Gründe.

Klaus-Peter Murawski organisierte für seinen Ministerpräsidenten Kretschmann den Apparat der Staatskanzlei Foto: dpa

Karlsruhe taz | Die Nachricht kommt nicht ganz unerwartet, aber trotzdem überraschend. Staatsminister Klaus-Peter Murawski, 68, Machtorganisator, Strippenzieher und wichtigster Einflüsterer Winfried Kretschmanns in Stuttgart, geht zum 31. August in den Ruhestand. Murawski habe sich auf „dringenden Rat“ seiner Ärzte zu diesem Schritt entschieden, heißt es in der offi­ziellen Pressemitteilung. „Cluster-Kopfschmerzen“ seien die Ursache für den Rückzug.

Zumindest dessen Zeitpunkt dürfte auch im Zusammenhang mit der sogenannten Klinik­affäre stehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Monaten wegen möglicher Schmiergeldzahlungen des Städtischen Klinikums Stuttgart, mit deren Hilfe Patienten aus dem Nahen Osten an das Klinikum gelotst worden sein sollen. Der ehemalige Leiter der International Unit und frühere grüne Landeschef Andreas Braun sitzt seit vergangenem Jahr deswegen in Untersuchungshaft.

Recherchen der Stuttgarter Zeitung hatten im Frühjahr Fragen zu Verbindungen Murawskis mit Braun und Murawskis Verantwortung in dieser Sache aufgeworfen. Murawski war bis 2011 Klinikbürgermeister in Stuttgart, er hatte das Geschäft mit den Patienten aus Fernost eingeführt und Braun zum Leiter der International Unit gemacht. An einer Landtagsdebatte im Juni, die die Verantwortung des früheren Gesundheitspolitikers untersuchen sollte, konnte Murawski bereits aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen.

Für den grünen Ministerpräsidenten ist der Rückzug ein herber Schlag. Murawski organisierte für seinen Ministerpräsidenten den Apparat der Staatskanzlei, managte die Politik des Landes im Bundesrat und faltete auch mal die grüne Landtagsfraktion zusammen.

Murawski, fast immer ganz in Schwarz gekleidet, gilt als gebildeter Gesprächspartner mit schneller Auffassungsgabe. Bei den Grünen war er eine graue Eminenz, der vor allem von linker Seite Misstrauen entgegenschlug. Der Ökoliberale und Stuttgart-21-Befürworter wurde kaum je auf einem Parteitag gesehen. Mit seinen Eltern floh er in den 60er Jahren aus der DDR. In den 70er Jahren war er zunächst Bundesvorsitzender der Jungdemokraten, bevor er zu den Grünen wechselte.

In Stuttgart wurde der ausgewiesene Kommunalpolitiker erster grüner Bürgermeister der Stadt. 2011 wechselte Murawski als Leiter in Kretschmanns Staatskanzlei. Ob er sich mit seinem Rückzug nun lästige Fragen zu seiner Rolle in der Klinikaffäre ersparen kann, wird sich zeigen. Sein schneller Rückzug verhindert eine mögliche Beschädigung des Ministerpräsidenten durch die Klinikaffäre. Jetzt muss sich Kretschmann einen neuen Staatskanzlei-Chef suchen. Ein Name kursiert schon: der des abgewählten Freiburger OB Dieter Salomon.

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3 Kommentare

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  • Das Murawski kein Grüner ist und war - geschenkt. Sein Mischterpräsident steht der CDU näher, als der Ökologie - so sieht im Ländle grüne Politik halt aus. Folgerichtig , dass just der Gemeindrat von Tübingen den grünen OB-Rechtsausleger Boris Palmer wegen seiner rassistischen Äußerungen abgemahnt hat - mit den Sitmmen der eigenen Partei wohlgemerkt. Bei solchen (Partei)freunden braucht man keine Feinde....

    • @Philippe Ressing:

      Das ist ja das Schöne in Ba-Wü.

      Glaubst wir wollen hier so ne tolle Wirtschaft wie in Berlin?



      Oder so gigantische Bildungserfolge wie sie Bremen nach 70 Jahren Rot/Rot-Grün hinbekommen hat?

      Oder sowas wie NRW, wo man in der ehemaligen Herzkammer des deutschen Wirtschaftswunder mittlerweile die schönsten Armutsbezirke bereichert?

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Sehr verständlich, aber zu kurz.

        Hier ein Beispiel: Am § 611 BGB hat niemand etwas verändert.



        Nun scheint dies wohl der Hinweis darauf zu sein, dass es dann auf die richtige Partei ankäme. Oh nein, das zeigt, dass es keinerlei Parteien braucht. Jedenfalls keine, die das Machtgefüge des BGB zu Lasten des Arbeitnehmers beibehält.