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Grüne bremsen bei Gelb

In der Partei gibt es erhebliche Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP. Gespräche sollen Streitigkeiten ausräumen. Verzicht auf Studiengebühren und Uniprivatisierung als Bedingungen

von ANDREAS SPANNBAUER

Unmittelbar vor den Gesprächen mit der FDP ist bei den Grünen noch einmal deutliche Skepis, was die Erfolgsaussichten eines rot-gelb-grünen Bündnisses angeht, laut geworden. Rund ein Drittel lehnt nach Einschätzungen aus der Partei eine Ampelkoalition bisher ab; die übergroße Mehrheit steht ihr zurückhaltend gegenüber. Die Grünen wollen am kommenden Mittwoch auf einem Parteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

Der grüne Koordinator für Forschung und Wissenschaft im Senat, Bernd Köppl, stellt die Geschlossenheit der FDP-Fraktion nach wie vor in Frage. „Wir wissen immer noch nicht, ob die FDP ein zuverlässiger Partner für die Regierungsarbeit ist“, sagte Köppl. „Eine Partei, die neu ins Parlament eingezogen ist, hat unheimlich viele Flausen im Kopf.“ Da die Wählerschaft der FDP in Berlin hauptsächlich aus enttäuschten CDU-Wählern bestehe, könnten die Christdemokraten zudem in der Opposition Druck auf die Liberalen ausüben und so ein rot-gelb-grünes Bündnis zum Bröckeln bringen. Für seine Partei fürchtet Köppl durch eine Ampelkoalition in jedem Fall „einen Imageschaden“.

Die grüne Abgeordnete Ramona Pop sagte, an ihrer Skepsis gegenüber der FDP habe sich nichts geändert. Pop äußerte die Befürchtung, dass sich die Liberalen im Bundestagswahlkampf gegen die Grünen profilieren wollen: „Die werden nächstes Jahr laut rumtönen.“ Auch die Umweltexpertin Felicitas Kubala hält „eine ökologische Wirtschaftspolitik mit Herrn Rexrodt für nur schwer vorstellbar“.

Deutlicher äußerte sich der Abgeordnete Hartwig Berger. „Eine ernsthafte ökologisch-soziale Reformpolitik ist mit den Gelben nicht möglich.“ Er werde „allen Bestrebungen, die Grünen neoliberal aufzuweichen, entgegentreten“. Berger fürchtete, dass die FDP trotz der nun signalisierten Verhandlungsbereitschaft in der praktischen Politik „eine knallharte Durchsetzung neoliberaler Prinzipien“ plane.

Grüne und FDP wollen am heutigen Donnerstag im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen vertiefende Gespräche führen. Das Treffen war von den Grünen angeregt worden, die auf ihrem Parteitag am nächsten Mittwoch erste Erfolge präsentieren müssen. Bei der Unterredung soll es vor allem um die Bereiche Finanz-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik gehen, die bisher nicht erörtert worden sind. „Die Haushaltskonsolisierung ist das Thema, mit dem eine künftige Regierung steht und fällt“, sagte die grüne Spitzenkandidatin Sibyll Klotz. Die FDP will die Neuverschuldung „innerhalb von fünf Jahren in einem verbindlichen Stufenplan auf null“ reduzieren, SPD und Grüne gehen erst für das Jahr 2009 von einem ausgeglichenen Haushalt aus.

Daneben stehen auch die strittigen Themen Verkehr, Flughafen und Bildung auf der Tagesordnung. Die Grünen lehnen die FDP-Vorstellungen in der Bildungspolitik radikal ab. „Eine Privatisierung der Universität sowie die Einführung von Studiengebühren werden bei uns keine Unterschrift bekommen“, erklärte Köppl. In der Schulpolitik beharren die Grünen auf der sechsjährigen Grundschule, während die FDP für eine Verkürzung auf vier Jahre sowie für das Abitur nach der zwölften Klasse eintritt.

In der Verkehrspolitik signalisierten die Liberalen am Mittwoch bereits Entgegenkommen. Der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Martin Matz sagte, die Schließung des Autobahnringes, die von den Grünen strikt abgelehnt wird, sei „vom Bautempo und von den Finanzen her nicht realisierbar“. Im Gegenzug schloss Klotz eine Zustimmung der Grünen zu einer erneuten Olympiabewerbung Berlins nicht mehr aus.

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