Grün-Schwarz wieder gescheitert: Eimsbüttels Spitze bleibt rot
Grün-Schwarz hat es in Hamburg-Eimsbüttel erneut nicht geschafft, den SPD-Bezirksschef abzusägen. Drei Abweichler schossen quer.
Während bei vielen Grünen und Christdemokraten noch die Münder offenstehen und Köpfe geschüttelt werden und Gätgens in einer sozialdemokratischen Jubeltraube verschwindet, verlässt Katja Husen (Grüne) mit steif gefrorener Miene wortlos den Plenarsaal.
Die 43-jährige Husen war die Wunschkandidatin von Schwarz-Grün für die Gätgens-Nachfolge. Nun ist sie nicht mehr als eine gescheiterte und brüskierte Ex-Kandidatin. Minuten später geben die Kreischefs von Grünen und CDU, Till Steffen und Rüdiger Kruse, bekannt, dass sie nicht erneut versuchen werden, Gätgens zu stürzen und Husen zur neuen Bezirkschefin zu küren. Was da gerade schiefgelaufen ist, können die beiden Politiker den versammelten JournalistInnen nicht erklären – auch sie wirken fassungslos und angezählt.
Zwei Abgeordnete haben sich bei der Abstimmung enthalten, einer oder eine hat den Wahlzettel ungültig gemacht. Probeabstimmungen bei den Koalitionspartnern, Einzelgespräche, intensives Ins-Gebet-Nehmen, all das hat nichts am Ergebnis des ersten gescheiterten Misstrauensvotums im November geändert. Wieder 25 von 51 Stimmen, wieder eine zu wenig, wieder drei HeckenschützInnen.
Erinnerung an den „Heide-Mord“
Nicht wenige Abgeordnete fühlen sich an den Kieler „Heide-Mord“ erinnert, als 2005 ein Abweichler aus den eigenen Reihen die politische Karriere der damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) beendete – vier Mal hatte ihr eine einzige Stimme gefehlt, um wieder Regierungschefin zu werden.
Nun versuchen Steffen und Kruse zu erklären, warum natürlich auch mit Gätgens ein politischer Neuanfang in Eimsbüttel zu gestalten ist. Monatelang hatten sie argumentiert, dass nur mit einem Wechsel an der Bezirksamtsspitze die schwarz-grüne Wende im Bezirk Eimsbüttel durchzusetzen sei. „Am Koalitionsvertrag wird nicht gerüttelt“, betont Kruse nun pflichtschuldig.
CDU statt SPD
Nach der Bezirkswahl im Mai, bei der die Grünen mit 37 Prozent stärkste Kraft in Eimsbüttel geworden sind, hatte Till Steffen, Kreischef und Hamburger Justizsenator, überraschend mit der CDU und nicht wie zuvor mit der SPD eine Bezirkskoalition geschmiedet. Für diese Koalition hatte die CDU – vor allem in der Verkehrspolitik – so ziemlich ihr gesamtes Bezirksprogramm über den Haufen geschmissen.
Die Grünen bestanden darauf, nun – wie in Altona und in Nord – die Bezirksspitze mit grünem Personal zu besetzen, obwohl sie Gätgens vor drei Jahren zusammen mit der SPD selbst ins Amt gehoben hatten und ihm inhaltlich nichts vorwerfen konnten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung