Großstädte in der Klimakrise: Umbau statt Neubau
Vor der Berlinwahl fordern Umweltverbände den neuen Senat auf, Neuversiegelung zu stoppen. Besonders Wohnungsneubau am Stadtrand sehen sie kritisch.
„Auch in Berlin sind die Grenzen des Wachstums erreicht“, sagt Tilman Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin, auf einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag. Gemeinsam mit den Vertreter:innen vier weiterer Umweltverbände stellte Heuser ein Forderungspapier an den neuen Senat vor. Kernforderung des Papiers ist, die weitere Versiegelung von Stadtflächen deutlich zu reduzieren. Der kommende Senat müsse Friedhöfe, Kleingärten, Uferstreifen und andere Grünflächen konsequent schützen, so Heuser.
Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise seien die Grünflächen der Stadt von enormer Wichtigkeit, erklärt Juliana Schlaberg vom Nabu Berlin. „Versiegelte Flächen heizen sich vielmehr auf und verhindern das Versickern von Regenwasser.“ Nichtversiegelte Böden böten Lebensraum für viele Tierarten und seien CO²-Speicher. „Naturschutz ist Klimaschutz“, so Schlagberg.
Laut eigener Zielgaben will die Stadt die Neuversiegelung bis 2030 auf netto null begrenzen. Das heißt, für jede neu bebaute oder asphaltierte Fläche müsste genauso viel Fläche wieder entsiegelt werden. Doch bisher seien kaum Bemühungen unternommen worden, dieses Ziel zu erreichen. „Mit den aktuellen Neubauambitionen ist das Ziel nicht zu erreichen“, kritisiert Schlaberg.
Zuletzt hatte die SPD-geführte Koalition bekanntgegeben, pro Jahr 20.000 neue Wohnungen schaffen zu wollen. Realisiert werden diese vor allem durch Neubauprojekte am Stadtrand, bei denen ökologisch wertvolle Grünflächen verlorengehen.
Vorhandene Potenziale nutzen
Uwe Hiksch von den Naturfreunden kritisiert, dass der Senat immer wieder vollmundige Versprechungen für den Erhalt der Stadtnatur macht, den Ankündigungen bisher keine Taten folgen lassen hat. „Es gibt durchaus eine verbale Aufgeschlossenheit, aber in der Realität herrscht Verhaltensstarre“.
Die Verbände fordern daher den kommenden Senat auf, das Ziel der Nettonull schon jetzt umzusetzen. Dafür müsse neuer Wohnraum auf bereits versiegelter Fläche geschaffen werden – wie zum Beispiel durch Aufbauten auf Supermärkten und zusätzliche Stockwerke. Laut Machbarkeitsstudie des Nabu, die Schlaberg zitiert, gäbe es Potenzial, auf 1.140 Hektar bereits versiegelter Fläche zu bauen.
„Berlin hat enorm viel Platz auf den bereits versiegelten Flächen“, so Heuser. Statt immer nur auf Neubau auf der grünen Wiese zu setzen, müsse man endlich „mit dem ökologischen Stadtumbau anfangen“.
Die Verbände fordern daher nicht nur die bestehenden Grünflächen rechtlich besser zu schützen, sondern auch deutlich mehr in die Verwaltung zu investieren. Der jahrelange Sparkurs die Handlungsmöglichkeiten des Senats erheblich eingeschränkt, erklärt Hiksch, indem Verwaltungen ausgedünnt und landeseigene Flächen verkauft wurden. Doch nun müsse der Senat endlich ins Handeln kommen: „Wir werden dem neuen Senat Druck machen“, kündigt Hiksch an.
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