Großbrände in Brasilien: Viel Rauch um Bolsonaro

Macron spricht sich wegen der Brände gegen ein Handelsabkommen der EU mit dem Mercosur aus. Brasiliens Präsident schickt das Militär ins Brandgebiet.

Ein Mann vor brennendem Gelände

Selbst Gräben helfen nicht überall: Santa Helena, Brasilien Foto: ap

PORT VELHO/BIARRITZ ap | Angesichts wachsender internationaler Kritik will der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die Armee in den Kampf gegen Riesenbrände im Amazonas-Regenwald schicken. Schon ab Samstag würden Einheiten in Grenzregionen, indigenen Territorien und anderen betroffenen Regionen eingesetzt, um für einen Monat bei der Eindämmung der Feuer zu helfen, hieß es in einem Dekret Bolsonaros. Die zunehmende Zahl von Waldbränden in Brasilien hat international Besorgnis ausgelöst.

Frankreich und Irland sprachen sich wegen Umweltversäumnissen der Führung in Brasilia gegen ein Handelsabkommen der EU mit Staaten in Südamerika aus. Unter zunehmenden Druck geriet Bolsonaro auch im eigenen Land: Tausende Menschen gingen aus Protest gegen seine Umweltpolitik in Rio de Janeiro, São Paulo, und Brasilia auf die Straße.

Schutzmaßnahmen für den Regenwald hatte Bolsonaro vor kurzem als Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens bezeichnet. Zudem teilte er gegen Kritiker aus, die darauf hinweisen, dass der Amazonas-Regenwald riesige Mengen an Sauerstoff erzeugt und große Bedeutung für den internationalen Kampf gegen den Klimawandel hat.

Nun lenkte Bolsonaro offenbar ein. „Der Schutz des Waldes ist unsere Pflicht“, erklärte er bei der Unterzeichnung des Dekrets. „Wir sind uns dessen bewusst und werden handeln, um Abholzung und kriminelle Aktivitäten zu bekämpfen, die Menschen im Amazonas gefährden. Wir sind eine Null-Toleranz-Regierung bei Verbrechen, und auf dem ökologischen Feld wird das nicht anders sein.“

Das Militär werde „stark agieren“, um die Waldbrände unter Kontrolle zu bringen. Laut der Exekutivanordnung sollen die Streitkräfte mit den Behörden für öffentliche Sicherheit und Umwelt zusammenarbeiten. Zudem bot US-Präsident Donald Trump nach eigenen Angaben Bolsonaro Hilfe bei der Bekämpfung der Waldbrände an.

Bolsonaro der Lüge bezichtigt

Der Élysée-Palast in Paris setzte zuvor auf Wirtschaftspolitik und unverblümte Worte, um Druck auf Bolsonaro auszuüben. Staatspräsident Emmanuel Macron könne „nur schlussfolgern, dass Bolsonaro ihn beim Osaka-Gipfel angelogen“ habe, teilte das Pariser Präsidialamt mit. Regierungen hatten sich dort geeinigt, dass es dringend erforderlich sei, den Klimawandel und Umweltzerstörung zu bekämpfen.

Emmanuel Macron

„Unser Haus brennt. Buchstäblich.“

„Die Entscheidungen und Äußerungen von Brasilien in den vergangenen Wochen zeigen klar, dass Präsident Bolsonaro entschieden hat, weder seine Zusagen zum Klima einzuhalten noch sich beim Thema Biodiversität einzubringen“, schrieb der Élysée-Palast. Daher sei Frankreich gegen ein Handelsabkommen der EU mit dem Mercosur-Bündnis, dem Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay angehören.

Auch der irische Ministerpräsident Leo Varadkar sagte, es sei ausgeschlossen, dass sein Land für das Handelsabkommen stimme, „wenn Brasilien seine Umweltzusagen nicht erfüllt.“

Die Vereinbarung zum Abbau von Zöllen war als größtes Handelsabkommen der EU dargestellt wurden, als sie im Juni erzielt wurde. Sie verpflichtete die Mercosur-Staaten auch zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, zu dem auch eine Verpflichtung Brasiliens gehört, illegale Abholzung am Amazonas zu stoppen.

Anstieg um 85 Prozent

Macron hatte am Donnerstag getwittert: „Unser Haus brennt. Buchstäblich.“ Er rief die G7-Staaten auf, die Brände am Amazonas auf die Tagesordnung ihres am Samstag beginnenden Gipfels in Biarritz zu setzen. Dafür erhielt er Unterstützung von Deutschland, der EU und anderen Ländern. Bolsonaro hatte Macron Effekthascherei und den Versuch vorgeworfen, „persönlichen politischen Gewinn aus einer inneren Angelegenheit Brasiliens und anderer Amazonasländer zu ziehen“. In Brasilien liegt etwa 60 Prozent des Amazonas-Regenwalds.

Waldbrände in der jährlichen Trockensaison sind in Brasilien häufig, doch in diesem Jahr besonders weit verbreitet. Örtliche Experten gaben deren Zahl für das laufende Jahr im ganzen Land mit fast 77.000 an – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 85 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte dieser Brände sind in der Amazonas-Region aufgetreten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.