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Größter deutscher LebensmittelhändlerEdeka plant Biomärkte

Der Konzern erwägt, eigene Ökofach-Geschäfte zu eröffnen. Lieferant und Konkurrent Alnatura sagt: Wir machen gern mit.

Das große E will seine Umsätze mit Bio-Lebensmitteln steigern Foto: dpa

Berlin taz | Deutschlands größter Lebensmittelhändler, Edeka, plant eigene Bio-Märkte. In der Diskussion seien Shop-in-Shops in großen Edeka-Geschäften, aber auch separate Filialen unter der Marke „Naturkind“, schrieb das in der Branche gut vernetzte Fachblatt Lebensmittel Zeitung am Freitag. Zudem wolle der Konzern auch seine Eigenmarke „Edeka Bio“ mit saisonal bis zu 440 Artikeln ausbauen.

Biobauern müssen unter anderem auf chemisch-synthetische Pestizide verzichten, was die Natur und die Gesundheit schont. Tieren müssen sie mehr Platz im Stall und Auslauf gewähren. Doch bisher sind nur 5,5 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland bio. Wenn nun der größte Nahrungsmittelhändler das Öko-Angebot ausweitet, könnte das den Umsatz der Biobranche insgesamt erhöhen.

Die Edeka-Zentrale in Hamburg wollte den Bericht auf Anfrage der taz „so nicht bestätigen“ und sich „aus Wettbewerbsgründen“ nicht weiter dazu äußern. Doch fest steht: Edeka hat bereits zwei Logos mit dem Schriftzug „Naturkind. Der Markt für bewussten Genuss“ beim Markenamt eintragen lassen. In Hamburg ist der Zeitung zufolge schon ein Testmarkt im Gespräch. Schon seit längerem führen einige wenige Edeka-Kaufleute Biomärkte, die neue Öko-Offensive wird aber von der Zentrale der Genossenschaft in Hamburg geplant.

Sollte Edeka tatsächlich flächendeckend separate Bio-Filialen eröffnen, könnte das zum Beispiel die beiden Platzhirsche im Naturkostfachhandel, Denn's und Alnatura, unter Druck setzen. Alnatura sieht die Pläne aber offenbar auch als Chance, denn die hessische Biokette verkauft seit 2015 einige ihrer Produkte in Edeka-Läden. „Falls die Edeka ihre Vertriebskanäle in Zukunft ausbauen möchte, steht ihnen dafür das Alnatura-Sortiment zur Verfügung“, sagte Robert Poschacher, Mitglied des Alnatura-Leitungskreises, der taz.

Fachmarktführer Denn's „eher weniger“ beunruhigt

Denn's-Geschäftsführer Joseph Nossol erklärte, es würde ihn „eher weniger“ beunruhigen, wenn Konkurrenten den Fachhandel kopieren wollten. Vielmehr würde ihn das darin bestärken, „gemeinsam mit unseren Branchenkollegen den Biofachhandel weiter zu entwickeln. “

Schon einmal ist ein konventioneller Lebensmittelhändler mit einem eigenen Bio-Fachmarkt gescheitert: Rewe eröffnete 2009 seine erste „Temma“-Filiale. Im vergangenen Jahr schloss der Konzern aber 7 der 9 Geschäfte, 2 verkaufte er an eine ehemalige Rewe-Managerin. Doch das muss nicht viel für die Erfolgsaussichten der Edeka-Pläne heißen: Das Rewe-Konzept war laut Supermarktblog zu vage.

Reaktion auf Lidls Bioland-Aktion

Die Edeka-Pläne sind auch eine Reaktion darauf, dass Öko-Marktführer Aldi und die Ketten Lidl sowie Kaufland verstärkt auf Bio setzen. Lidl zum Beispiel fährt gerade eine groß angelegte Marketingkampagne, weil ein Großteil seiner Bioeigenmarke gerade auf Waren mit dem Logo des Ökobauernverbands Bioland umgestellt wird.

Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel verkauft derzeit die meisten Bioprodukte in Deutschland: Rund 60 Prozent des Ökoumsatzes ging 2018 auf sein Konto, teilte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) im Februar mit. Allein Edeka kommt laut Lebensmittel Zeitung auf 11 Prozent.

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14 Kommentare

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  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Na ja, die CDU-Bauernkönigin Klöckner hält stramm dagegen: Neben der Beibehaltung von Glyphosat führt sie 18 frische Giftmittel ein. Bald wird sie Edeka anklagen, daß die die CDU-gedüngten Nahrungsmittel nicht mehr bevorzugt verkaufen wollen. Schlechte Karten für Edeka.

  • 9G
    93350 (Profil gelöscht)

    Mit der eminenten Gier eines Supermarktes, werden noch mehr sogenannte Bio Produkte aus unbekannter Herkunft und toxischer Qualität mit großartigen Margen an die unwissenden und positiv gestimmten Menschen verschrammelt. Wo sollen denn die Mengen an "Bio" Produkten herkommen, bei EU weitem Umsatzwachstum 60% im Handel bei gleichzeitig 30% Ertragsteigerung (EU Statistik) ? Bio Fertigprodukte mit pestizidbeladenen Früchten aus China, Türkei oder Indien sind aber der Renditeschlager. Bio ist als Begriff verbrannt worden, jetzt soll Naturkind herhalten. Verbraucher Täuschung die nächste...guten Appetit!

  • Was genau sind eigentlich "Ökofach-Geschäfte". Ich weiß ein Bisschen was über Ökofachgeschäfte und könnte notfalls auch Öko-Fachgeschäfte verstehen, aber was ist ein Ökofach?



    Komplett deutsche Worte müssen nicht mit Bindestrich verbunden werden. Und vor allem nicht an der falschen Stelle, bitte.

    • @Sophie Kowalski:

      Ökofach-Geschäfte nennt man heutzutage Supermärkte mit Regalen für Bioprodukte.



      Geschäfte mit Ökofächern sozusagen.

  • Naturkind als Öko-Marke gab es sehr erfolgreich schon seit den 19080er Jahren bis vor kurzem - Der Name bzw. die Marke Naturkind ist vom eingekauften Kaiser's Tengelmann-Konzern.

  • Clever gibt's halt nur wenn man zu sein korrupt genug ist.



    Clever gegen Korruption zu sein er- fordert auch voraus zusehen.

  • Das haben Politik und Konzerne wie Nestle z.B. ganz toll langfristig geplant. So kriegt man den Bio Markt ganz schnell vom Tisch und macht mit Biolight das große Geschäft.



    Gratulation, gut gemacht.



    Clever

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Erst wenn die Fische 20% Plastikgehalt in sich haben, begreift die Union, daß man ein paar Gramm Plastiktüten weniger austeilen sollte (aber auf freiwilliger Basis natürlich). Bei dieser unionseigenen unheimlichen Trägheit wundert es nicht, daß die Union sogar von der Nahrungsmittelindustrie überholt wird. Klima- und Entscheidungsschnecke Merkel wird überholt von Edeka. Bei der nächsten Wahl sollte auch Edeka drauf stehen. Die machen das besser, als die CDU.

  • "Ökofach-Geschäfte"



    Da kauft man Ökofächer?

  • Edeka plant Biomärkte und arbeitet dann noch enger mit dem WWF zusammen. Tolle Zukunftsaussichten für arme Menschen am Rand der Natur in aller Welt.



    Wette, wir werden von Edeka und dem WWF über die letzten Ereignisse nichts mehr hören und wenn jemand fragt, alles o.k.

    • @Thomas Sauer:

      Sie haben Recht !



      Vor Jahren habe ich nach jahrzehntelanger Mitgliedschaft dem WWF gekündigt. Beihilfe zum Greenwashing ist nicht unterstützungswürdig.

    • @Thomas Sauer:

      Finde ich immer noch besser als gar nichts zu tun wie ... oh, fast alle anderen!

      • @Hans Dampf in allen Gassen:

        Mit solch einer Grundargumentation lässt sich fas alles rechtfertigen. Eine solche Entscheidungssituation wird auch nicht im Artikel noch in den Kommentaren angesprochen.



        Alibiaktionen sind übrigens meist noch viel gefährlicher als klare Kante. Da kann man offen diskutieren.