GroKo-Sondierung in Berlin: In den letzten Zügen?
Sonntagabend wollen Union und SPD die Verhandlungen abgeschlossen haben. Das ist jedenfalls der Plan. Strittig sind noch die Themen Arbeit, Wohnen und Gesundheit.
Berlin dpa/afp/rtr | Union und SPD wollen ihre Verhandlungen bis Sonntagabend abschließen, haben aber Montag und Dienstag als Reservetage eingeplant. Noch sei nicht alles „unter Dach und Fach“, bilanzierte CDU-Politiker und Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer, die Verhandlungen am Samstag. Besonders bei den Themen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Wohnungspolitik müssten noch weitere Gespräche geführt worden.
In dem letztgenannten Bereich habe es „vorsichtige Fortschritte“ gegeben, sagte Grosse-Brömer, ohne Details zu nennen. Es gebe die Bereitschaft aller drei Parteien, die Beratungen nun erfolgreich abzuschließen und „den Zeitplan einzuhalten“. „Die Menschen in Deutschland erwarten, dass langsam eine Regierung gebildet wird“, sagte er weiter. Parallel zu den Beratungen finde schon eine redaktionelle Arbeit an dem Text eines Koalitionsvertrages statt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters soll dem Papier eine Präambel vorangestellt werden, die einen Aufbruch sowohl in Europa als auch Deutschland betonen soll.
Bei der Mietpreisbremse gibt es noch keine Einigung. Mieten dürfen zwar bei neuen Verträgen in der Regel nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, wie sie im Mietspiegel festgelegt ist. Allerdings sind mehrere Studien zum Schluss gekommen, dass die Regelung ihre Wirkung verfehlt. Die SPD fordert deutliche Nachschärfungen, damit die Bremse wirkt – zum Beispiel durch eine größere Transparenz der Vormiete und eine Auskunftspflicht der Vermieter.
Umstritten ist auch die Förderung von Wohneigentum vor allem für junge Familien. Die SPD will vor allem einen Schwerpunkt auf den sozialen Wohnungsbau legen, die Union auf Wohneigentum.
Erfolge in den Bereichen Energie und Landwirtschaft
Die Union will, dass künftig über einen Zeitraum von zehn Jahren ein Baukindergeld in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr gezahlt wird, um vor allem junge Familien zu fördern. Dies würde allerdings Milliarden kosten. Die SPD will sich beim Erwerb von Wohneigentum auf Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen konzentrieren und spricht sich für ein sozial gestaffeltes Familienbaugeld aus.
Schwierig seien auch die Verhandlungen zur Modernisierungsumlage, hieß es. Nach jetziger Rechtslage darf der Vermieter bei einer Modernisierung 11 Prozent der Kosten auf die Jahresmiete aufschlagen – die SPD will diese Zulage deutlich senken.
Dagegen sind laut Grosse-Brömer am Samstag in den Bereichen Energie und Landwirtschaft Erfolge erzielt worden. Union und SPD haben ihre Pläne zur Einführung eines staatlichen „Tierwohllabels“ für Fleisch im Supermarkt konkretisiert. Die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen sollen „bis zur Mitte“ der Wahlperiode geschaffen werden – also bis Ende 2019. Das sieht ein Papier der Koalitionsverhandlungen zum Thema Agrar vor. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte schon vor einem Jahr Kriterien für eine Kennzeichnung vorgelegt, die höhere Standards wie mehr Platz im Stall anzeigen soll. Bis zur Bundestagswahl wurde das aber nicht umgesetzt.
„Der Mehraufwand muss honoriert werden“, heißt es in dem Papier. Landwirte sollen daher bei Investitionen in Stallmodernisierungen unterstützt werden. „Wir werden ein bundeseinheitliches Prüf- und Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Tierhaltungssysteme bei Nutz- und Heimtieren vorlegen“, planen Union und SPD außerdem.
Leser*innenkommentare
Urmel
Heute noch wird Herr Schulz einen wahrlichen Super-Super-Kompromiss bei der sich anbahnenden Gleichstellung von Kassen- und Privatpatienten präsentieren:
Bei einem Krankenhausbesuch wird jeder Kassenpatient in Zukunft in einem 12-Etagen-Bett-Zimmer eingewiesen werden, während jeder Privatpatient für die Dauer seines Krankenhausaufenthalts einen persönlichen Butler zur Verfügung gestellt bekommt.
Noch so eine Einigung, angesichts derer "Normalsterbliche" in permanenten Jubel ausbrechen werden.
Peter Meisel
Drei Parteien in den letzten Zügen? Sollte das nicht Zuckungen heißen?
Die nicht verwirklichte „Werte-Gemeinschaft Europa“ bezeichnet sich selbst im Vertrag von Lissabon als „Aktion Europa“ und unsere Rettung Griechenlands hat Deutschland Milliarden beschert.
Ich danke ausdrücklich Günter Grass für sein Gedicht „Europas Schande“! Was wir beweisen sollten - quod erat demonstrantum - Es ist vollbracht:
„Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure,
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.“ Zum Wohl!
Friedrich Grimm
"Besonders bei den Themen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Wohnungspolitik müssten noch weitere Gespräche geführt worden."
Sind das doch Themen, die vor allem die breite Masse unserer Bevölkerung betreffen. Und da betreiben die C-Parteien wie immer reine Klientelpolitik.
Aber warum auch nicht, honorieren das doch die Wähler mit guten Umfrageerbnissen. Zudem führt Frau Merkel, glaube ich, wieder einmal die Liste der beliebtesten Politiker an. Toll!
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Sehr gut geglückt ist diesem taz-Bericht der Untertitel: 'Strittig sind noch die Themen Arbeit, Wohnen und Gesundheit'.
Naja und sehr tröstlich: Dann ist ja alles wirklich Wichtige offenbar bereits unter Dach und Fach.
Wer von uns Wählern interessiert sich denn für Modethemen wie Arbeit, Wohnen und Gesundheit. Diese kleinen Randthemen könnt ihr ins Koalitionsverhandlungsklo werfen und runterspülen. Danach kräht kein Hahn mehr.
LittleRedRooster
"Die Union will, dass künftig über einen Zeitraum von zehn Jahren ein Baukindergeld in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr gezahlt wird, um vor allem junge Familien zu fördern."
Soso, 12.000 Euro 'Baukindergeld' pro Kind... - Na besten Dank! Damit lässt sich vielleicht eine Gartenlaube zimmern. Können diese Herrschaften nicht rechnen, sind sie Lichtjahre von der Realität entfernt, oder halten sie uns für so dumm, dass sie glauben sich damit um das jahrelang vernachlässigte Thema 'Sozialer Wohnungsbau' drücken zu können?
Auf alle Fälle mal wieder ein beredtes Beispiel dafür, wofür das "S" im Parteinamen der CSU steht: "S"chau mer mal, ob sies merken...
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Die CSU hat ja aber noch zwei weitere ganz wichtige Eigenschaften in ihrem Parteinamens-Scrabble versteckt: Sie ist eine Christliche, eine Soziale und eine Union.
Kann man Geborgenheit, Wärme, Barmherzigkeit, Familie und glückliche Zukunft besser garantieren, als die CSU es tut? Ich denke, nein.
(Jedenfalls für Bayern und reinrassige Deutsche).
Tom Farmer
Sie tun der CSU nicht unrecht aber ggf. den Bayern.
Dort leben mehr Bürger mit ausländischen Wurzeln als im DE Durchschnitt. Oft getragen von Freiwilligen Helfer.
Im Osten der Republik lebt allenfalls ein Bruchteil der bayerischen Quote. Im Links regierten Thüringen etwa 1/5 (bezogen auf % der Gesamtbevölkerung) wie in Bayern. Nur mal so....
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Sie korrigieren mich vielleicht zu Recht.
Ich wollte eigentlich nur zum Ausdruck bringen, daß die CSU mit ihrer christlich-sozialen Wärme sich immer schon um die einheimische bayerische Bevölkerung gekümmert hat und als liebevolle Glucke gerne alles, was deutsch ist, deutsches Blut in sich hat, deutsche oder osteuropäische Wurzeln hat, unter ihrem weichen Federbauch schuhplattln und ungarische Volkstänze aufführen läßt.
Ich wollte nur meinen Eindruck schildern und bin nicht der Meinung, daß man bayerische, österreichische, sächsische, südtiroler, tschechische und ungarische Wurzeln mißachten sollte.
LittleRedRooster
"Bayern und reinrassige Deutsche"
Da bringen Sie nun aber was zusammen, was historisch betrachtet garnicht zusammen geht. Der 'Volksstamm' der Bayern war schon immer eine bunt zusammen gewürfelte Mischpoke. Nur: laut sagen dürfen sie das in München nur in altbayerischen Mundarten. Da versteht Sie dann nämlich keiner.