Griechischer Schuldenpoker: EZB erhöht drastisch den Druck
Nicht mal mehr griechische Banken dürfen Staatsbonds kaufen. Das Land ist in akuter Geldnot. Schon am 8. April droht die Zahlungsunfähigkeit.
BRÜSSEL taz | Der griechische Schuldenpoker geht in eine neue, womöglich entscheidende Runde. Am Mittwoch verlor die Links-rechts-Regierung in Athen gleich zwei wichtige Spielzüge: Erst legte die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt ein Veto gegen den Ankauf griechischer Staatsanleihen durch die heimischen Banken ein. Dann blockierte die Bundesregierung in Berlin die von Athen geforderte Rückzahlung von 1,2 Milliarden Euro aus einem ungenutzten Banken-Fonds.
Derweil hatte Ministerpräsident Tsipras nach seinem Berlin-Besuch auf rasche Hilfen gehofft. Bereits am 8. April droht die Zahlungsunfähigkeit, schätzt die EU-Kommission. Doch statt zu helfen, ziehen die Euro-Partner nun die Schlinge noch enger um Tsipras’ Hals. Vor allem die Entscheidung der EZB könnte fatale Folgen haben.
Die Zentralbank habe griechische Geschäftsbanken angewiesen, keine Staatspapiere ihres Landes mehr zu kaufen, berichten mehrere Presseagenturen. Das gelte auch für kurzfristige Papiere, die so genannten T-Bills. Mit denen hält sich Athen bisher noch über Wasser.
Wenn aber nicht einmal mehr griechische Banken T-Bills kaufen dürfen, versiegt die letzte Finanzquelle für Tsipras’ Regierung. Dann muss sie in die Sozialkassen greifen und die Ende März fälligen Gehaltszahlungen aussetzen. Beides würde zu Unmut führen und das Problem nicht lösen – denn im April stehen weitere Rückzahlungen an.
Tsipras muss neue Geldquellen auftun
Das weiß man natürlich auch bei der EZB. Doch die Notenbanker gingen am Mittwoch auf Tauchstation. Nicht zum ersten Mal: Schon kurz nach der Wahl Tsipras’ hatte die Zentralbank Griechenland eine wichtige Geldquelle verschlossen. Seither steht nur noch ein Notfallkredit (ELA) in Höhe von rund 70 Milliarden Euro bereit.
Tsipras wird sich daher nach neuen Quellen umsehen müssen – etwa in der Schweiz, wo viel griechisches Schwarzgeld vermutet wird. Doch auch das ist leichter gesagt als getan. Ein bilaterales, griechisch-schweizerisches Steuerabkommen könnte sich als Falle erweisen, fürchtet der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold.
Doch nun kommt eine neue Idee aus dem Bundestag: Die europäischen Regierungen sollten gemeinsam mit der Schweiz verhandeln, fordert der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick. „Die Bundesregierung sollte die Initiative für ein gemeinsames Handeln der europäischen Regierungen ergreifen.“ Doch bisher ging sie nicht darauf ein. Athen steht weiter allein im Regen.
Leser*innenkommentare
heino Ewerth
Dazu passt auch: Bildung von EU-Polizeikräften: Wenn die Aufstände kommen
Die EU hat im vergangenen Jahrzehnt fast unbemerkt Kapazitäten zur Aufstandsbekämpfung aufgebaut. Ursprünglich gedacht, um in Drittländern stabilisierend zu wirken, scheinen sich die Aufgaben hin zu Einsätzen im Inneren zu verschieben. Mögliche Ziele: Demos, Streiks, Proteste…
Die Europäische Union verfügt inzwischen auch über die juristische Legitimation, um in ein EU-Land polizeilich und militärisch eingreifen zu können. Seit dem 1. Dezember 2009 ist der Vertrag von Lissabon in Kraft. Im Artikel 222 der Vertrags, der sogenannten Solidaritätsklausel, wurde eine Art Verpflichtung zur militärischen Beihilfe im Falle eines Notstands festgelegt: “Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist.” In einem solchen Fall würde die Union alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel mobilisieren, “einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel.”…
Katastrophen werden folgendermaßen definiert: “Jede Situation, die schädliche Auswirkungen auf Menschen, die Umwelt oder Vermögenswerte hat oder haben kann.” Es steht außer Zweifel, dass Streiks schädliche Auswirkungen auf Vermögenswerte haben. Sollen sie künftig durch europäische Truppen unterdrückt werden? Quelle NDS
heino Ewerth
Die 5 Jahre währende Austerität sprich drastischen Spardiktate sind gescheitert. Warum hält man trotzdem weiter daran fest? Dies kann nur noch Ideologie gesteuert sein.
Martin_25
Die EZB betreibt mit ihren Vorschriften eindeutig Politik. Das ist ihr allerdings ebenso eindeutig nicht gestattet. Ob Griechenland in die Pleite getrieben wird, oder nicht ist die Sache von gewählten Politikern, aber nicht von nicht gewählten Bankmanagern.