Griechischer Aktivist wirbt um Solidarität: Lobbyist ohne Lobby
Weil die griechische Sozialstruktur zusammenbricht, werben Aktivisten um Solidarität aus Deutschland. Allen voran: Christos Giovanopoulos.
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Nein, mit Lobbyismus, sagt Christos Giovanopoulos, habe sein Kampf gerade nichts zu tun. „Ich habe keine Lobby, ich repräsentiere niemanden. Ich kämpfe einfach nur“, sagt der 44-jährige Grieche mit Wohnsitz in Athen.
Dabei ist der Handlungsreisende vor Publikum in ganz Europa für eine große Sache unterwegs. Diese Woche wirbt er in Wuppertal, Düsseldorf, Kassel und Berlin für eine Idee, die aus der puren Not geboren ist: Eine internationale Solidaritätskampagne mit der griechischen Bevölkerung - kurz: Solidarity4all. Kinderarmut, Auswanderung und unbeheizte Schulen sind seine Themen.
Die revolutionäre 1. Mai-Demonstration in Berlin bestellte den Griechen mit dem schulterlangen Haar, den zerrissenen Jeans, der schwarzen Lederjacke für Mittwochabend an die Speerspitze ihres Aufzugs. Griechische Aktivisten ganz vorne, noch vor dem schwarzen Block? Das Symbol sollte sein: „Wir haben verstanden.“
Die prominente Würdigung hat einen Grund: Es sind oft prekär lebende Aktivisten wie Giovanopoulos, die die Vernetzungsarbeit der europäischen Graswurzelbewegungen leisten.
„Überlebenskampf inmitten einer humanitären Krise“
Der Mann mit der ruhigen Stimme und den fokussierten Antworten, der sich als Gastdozent an der Londoner Westminster-Universität und mit kleineren Publikationsprojekten finanziell über Wasser hält, ist einer der altgesottenen Aktivisten im griechischen Kampf um mehr Demokratie.
In den 80er Jahren politisiert, engagierte sich Giovanopoulos, der in Athen Politische Ökonomie, in London Kultur- und Medienwissenschaften studierte, in der Hausbesetzerszene. Heute beteiligt er sich an der Vorbereitung des europäischen Alternativgipfels, dem Alter Summit am 7. und 8. Juni in Athen, und reist durch Europa, um für Solidarität mit denen zu werben, die keine Lobby mehr haben.
„Weil unser Gesundheitssystem kollabiert ist, haben ganz normale Bürger eigene Sozialkliniken und Apotheken organisiert.“ Selbstorganisation, weil das Sozialsystem zusammenbricht – ist das nicht eine üble Utopie? „Es ist ein Überlebenskampf inmitten einer humanitären Krise“, sagt er. „Aber wir zeigen damit auch, dass die politischen Alternativen - Solidarität und Selbstorganisation - in unseren Händen liegen.“
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