Griechische Rechtspartei erhält Zuspruch: Hitlergruß im Athener Stadtrat
Sie hetzen gegen „Ausländer“ und „Kriminelle“: Die „Politische Bewegung Goldene Morgendämmerung“ liegt bei Umfragen in Griechenland bei 6 Prozent.
ATHEN taz | Samstagmorgen im bürgerlichen Athener Vorort Agia Paraskevi. Hunderte schwarz bekleidete Menschen strömen auf den Hauptplatz, unter ihnen viele junge Leute mit kahlrasierten Köpfen. Auch Familien mit Kindern sind dabei. Manche verteilen Flyer und Flaggen, darauf das mystisch anmutende Logo der „Goldenen Morgendämmerung“: ein altgriechischer Mäander, der an ein Hakenkreuz erinnert.
Noch vor zwei Jahren wäre eine solche Veranstaltung kaum vorstellbar, doch heute sieht sich die Schlägertruppe der „Goldenen Morgendämmerung“ im Aufwind: Laut Umfragen könnte sie bis zu 6 Prozent der Stimmen bekommen und erstmals den Sprung ins Parlament schaffen.
Vor allem in heruntergekommenen Stadtvierteln Athens mit hoher Kriminalität zeigen die Parteimitglieder Präsenz. Sie schmieren Ausländer-raus-Parolen an die Wand, patrouillieren nachts durch die Straßen, begleiten Senioren zum Einkaufen. Wo der Staat nichts mehr zu sagen hat, geben sich die Rechtsradikalen gern als Freund und Beschützer des kleinen Mannes.
Das hindert sie nicht daran, gegen „Ausländer“ und „Kriminelle“ zu hetzen, wobei die beiden Begriffe in einem Zug erwähnt werden. Sie seien straff organisiert nach dem Führerprinzip und voller Bewunderung für den deutschen Nationalsozialismus, berichtet der Parteiaussteiger Haris Koussoumvris in einem Buch, das 2004 erschien. Kontakte und Trinkgelage mit Gesinnungsgenossen aus Italien, Deutschland und Südafrika gehörten zum Alltag, so Koussoumvris.
Der Parteiname geht auf die rechte Zeitschrift Goldene Morgendämmerung zurück, die der heutige Parteichef Nikolaos Michaloliakos 1980 gründete. Mangels Nachfrage wurde das Blatt schon 1984 eingestellt. 1993 gründete Michaloliakos die „Politische Bewegung Goldene Morgendämmerung“ und hatte zunächst keinen Erfolg.
Doch bei den Kommunalwahlen 2010, den ersten Wahlen nach Ausbruch der Schuldenkrise, erhielt der bekennende Nationalist in Athen 5,3 Prozent der Stimmen und zog erstmals in den Stadtrat ein.
Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit provozierte er die neuen Kollegen mit dem Hitlergruß. Sollte seine Partei ins Parlament ziehen, hat er noch viel mehr vor: Er werde private Sicherheitsfirmen gründen, um das Problem der Kriminalität endlich in den Griff zu bekommen, erklärte Michaloliakos.
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