Griechenland unter Druck: Kampf den Steuerhinterziehern
Um den Haushalt zu konsolidieren, muss sich Griechenland vor allem um dauerhafte und höhere Steuereinnahmen bemühen.
ATHEN taz | Die Entscheidung der Regierung Papandreou, das kombinierte Kreditprogramm von IWF und Euroländern in Anspruch zu nehmen, hat in der griechischen Öffentlichkeit eine Debatte über neue Sparmaßnahmen ausgelöst. Obwohl man dieses Jahr keine weiteren großen Einschnitte in den Staatshaushalt erwartet, werden in den folgenden Jahren neue Sparzwänge auf die Regierung zukommen.
Die Möglichkeiten einer weiteren Konsolidierung der öffentlichen Finanzen sind auf der Ausgabenseite geringer als bei den staatlichen Einnahmen. Das größte Sparpotenzial liegt bei den Rüstungsprogrammen, die in Griechenland seit Jahrzehnten über 4 Prozent des BIP ausmachen. Der Prozentsatz wäre schon in relativ kurzer Zeit zu halbieren, wenn es gelänge, das Verhältnis zur Türkei zu verbessern. Deshalb setzt die Athener Regierung große Hoffnungen auf den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Mitte Mai, der eine Vereinbarung über die Einschränkung der Rüstungsausgaben näher bringen könnte.
Ein zweiter potenzieller Sparposten sind die Ausgaben für den öffentlichen Dienst. Das Problem ist hier nicht die Höhe der im Durchschnitt eher bescheidenen Gehälter, als dass vielmehr die Anzahl der Staatsdiener reduziert werden müsste. Die Regierung wird den für 2010 beschlossenen Einstellungsstopp (jenseits von Gesundheits-und Erziehungswesen) sicher verlängern müssen. Die von einigen EU-Partnern geforderten Entlassungen stoßen auf rechtliche Hindernisse, die nur durch eine allgemeine Umstellung des öffentlichen Dienstes auf befristete Stellen zu beseitigen wären.
Einen Teil der Personalausgaben könnte man einsparen, indem man die vielen Beratergremien abschafft, die seit Jahren von den jeweiligen Ministern installiert und - zu stattlichen Honoraren - mit akademischen Parteifreunden besetzt wurden. Beträchtliche Kostensenkungen sind auch im öffentlichen Gesundheitswesen möglich, wo die staatlichen Krankenhäuser von den Pharmalieferanten in den letzten Jahren systematisch übervorteilt wurden.
Noch wichtiger für die weitere Haushaltskonsolidierung sind jedoch strukturelle Verbesserungen auf der Einnahmenseite. Theoretisch möglich wäre ein Verkauf von Teilen des staatlichen Immobilienbesitzes. Dessen Gesamtwert wird auf 200 Milliarden Euro geschätzt, der allerdings in Krisenzeiten nur schwer einzulösen ist. Mehr Erfolg versprechen verstärkte Bemühungen um höhere und stetigere Steuereinnahmen. Das gilt vor allem für den Kampf gegen die Steuerhinterzieher, die den Staat jedes Jahr um 20 bis 30 Milliarden Euro prellen.
Entscheidend für erhöhte fiskalische Einnahmen wird allerdings die Mitarbeit der Finanzbeamten sein, deren Arbeitseifer durch Gehaltskürzungen nicht gerade befördert wird. Das zeigen die unzureichenden Steuereinnahmen, die das Finanzministerium im ersten Quartal 2010 verzeichnete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative