Gremium ohne AfD: CDU macht rechts dicht
Die anderen Fraktionen wollen die AfD nicht in den Vorstand der Bremischen Bürgerschaft wählen. Die Idee kommt von der CDU.
Dieses Mal dürfte die Tagesordnung am 3. Juli, der ersten Sitzung des neuen Parlaments, nicht ganz so reibungslos laufen: Erstmals wird eine Partei mit Fraktionsstatus wohl nicht im Vorstand vertreten sein. Mehrere Fraktionen haben verkündet, keine VertreterIn der AfD wählen zu wollen.
Der Vorstoß dafür kommt von der CDU: Die Fraktion hatte sich bei ihrer Sitzung am Montag einstimmig entschlossen, den AfD-Kandidaten nicht zu wählen. „Es wäre unerträglich, wenn diese Feinde der Demokratie im Vorstand des Parlaments sitzen“, twitterte der Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp.
Die Partei habe sich nicht deutlich gegen rechte Gewalt positioniert. „Die Vorstellung, dass die AfD mit dem Rest des Vorstands in unsere Partnerstadt Haifa reist, hinterlässt bei uns ein kein gutes Gefühl“, so Rebekka Grupe, Pressesprecherin der CDU-Fraktion.
Abgrenzung allerorten
Die Abgrenzung von der AfD findet zu einem Zeitpunkt statt, da die CDU auch im Bund das Verhältnis neu klärt. Noch vergangene Woche hatte Ex-Bundespräsident Joachim Gauck mehr Toleranz gegenüber den Rechten eingefordert, im mecklenburgischen Penzlin war die CDU-Ratsfraktion gar eine Zählgemeinschaft mit der AfD eingegangen. Annegret Kramp-Karrenbauer stellte daraufhin und mit Verweis auf den Mord an Walter Lübcke klar: Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird es bei der CDU nicht geben.
In Bremen hat die CDU mit ihrem Vorstoß offene Türen eingerannt:SPD und Linke haben verkündet, dass sie die AfD ebenfalls nicht wählen werden, die FDP überlässt die Entscheidung dem Gewissen der Einzelnen, und die Grünen wollen bei ihrer Fraktionssitzung am 1. Juli eine Position beschließen – „die Haltung von vielen ist, dass es schließlich keinen Zwang gibt, jemanden zu wählen“.
Rechtliche Grauzone mit Geschäftsordnung
Rechtlich ist das Ganze tricky, schließlich gibt es laut Geschäftsordnung einen Anspruch auf einen Platz im Vorstand. Artikel 2.2 ist angelehnt an die Landesverfassung, nach der die Ausschüsse ein Spiegelbild der Fraktionsverhältnisse sein sollen. Der Vorstand wacht über die Einhaltung der Geschäftsordnung, legt die Tagesordnung für Sitzungen fest und ist Vorgesetzter für alle MitarbeiterInnen der Bürgerschaft.
Damit jede Fraktion ihren Anspruch stellen kann, hatte die Bürgerschaftskanzlei in Absprache mit den FraktionsgeschäftsführerInnen den Vorstand extra von acht auf elf Sitze erweitert: Neben dem dreiköpfigen Vorstand, der an CDU, SPD und Grüne geht, soll es acht SchriftführerInnen geben – zwei für SPD und CDU und jeweils einer für FDP, Grüne, Linke und AfD.
Da sich für die AfD nun wohl keine absolute Mehrheit mehr finden kann, bleibt einer der elf Plätze unbesetzt. Für den Arbeitsalltag in der Bürgerschaft ist das kein Problem: Das Präsidium ist beschlussfähig, wenn die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Auch die Geschäftsordnung scheint nicht verletzt: „Man hat ein Recht auf einen Sitz, aber kein Recht darauf, gewählt zu werden“, so Bürgerschafts-Pressesprecherin Dorothee Krumpipe.
Präsident vertritt alle Abgeordneten
Die AfD Bremen hält das Vorgehen trotzdem für undemokratisch und zeigt sich erstaunt, dass der Ausschluss von der CDU ausging. „Ich dachte, die Opposition lässt sich nicht spalten“, so Thomas Jürgewitz, Fraktionsvorsitzender der AfD.
Den Optimismus zog die AfD aus einer Aussage von Frank Imhoff (CDU). Der designierte Bürgerschaftspräsident hatte letzte Woche vor der AfD-Fraktion auch zum Thema Präsidiumswahl gesprochen. „Ich sagte, dass ich gegen Ausgrenzung bin“, so Imhoff, „aber auch, dass ich nicht für die Fraktion sprechen kann.“ Bei der Fraktionssitzung hat er nun so wie alle CDUler gegen die Wahl eines AfDlers gestimmt.
Imhoff sieht sich zwischen den Stühlen: „Wenn ich Präsident der Bürgerschaft werde, möchte ich Präsident für alle Abgeordneten sein“, so der Kandidat. „Zugleich bin ich Mitglied der CDU. Und dann will ich noch das Parlament gegen Angriffe von außen und innen schützen. Das ist schwierig.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter