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Gratis Zugtickets für EU-JugendlicheRundreise für Auserwählte

Die EU vergibt nach langem Hin und Her per Auslosung InterRail-Tickets an 15.000 18-Jährige. Darf's noch ein bisschen mehr sein?

Auf nach Europa – aber nicht alle auf einmal. Rucksack-Reisende in Staufen, Baden-Württemberg Foto: dpa

Berlin taz | Die Europäische Kommission verlost dieses Jahr 15.000 sogenannte InterRail-Tickets an Jugendliche in der EU. Mitmachen können alle EU-Bürger*innen, die zwischen dem 2. Juli 1999 und dem 1. Juli 2000 geboren wurden – alleine oder als Gruppe von bis zu fünf Personen.

Das Europäische Parlament hatte Anfang 2017 mit großer Mehrheit den Beschluss gefasst, jedem*r Jugendlichen in der EU zum 18. Geburtstag ein InterRail-Ticket zu schenken. Der Enthusiasmus war groß. Doch die EU-Kommission grätschte dazwischen. Das Geburtstagsgeschenk für etwa fünf Millionen 18-Jährige in der EU war ihr zu teuer. Ein InterRail-Ticket kostet mindestens 208 Euro.

Jetzt hat sich die Kommission zumindest zu dem Kompromiss durchgerungen, auf der Webseite DiscoverEU Tickets zu verlosen. Dort können sich Jugendliche bis zum 26. Juni bewerben. Jedes Land der EU bekommt eine feste Anzahl an Tickets. An deutsche Jugendliche gehen rund 2.500 Tickets. Damit können Reisende für zwei Wochen in bis zu vier EU-Länder reisen. Der mögliche Zeitraum liegt zwischen Anfang Juli und Ende September. Dagegen können Inhaber*innen des offiziellen Global Pass von InterRail in alle EU-Länder sowie die Balkanstaaten und die Türkei fahren.

Um in die Auswahl zu kommen, müssen Teilnehmende zuerst eine Wissensabfrage in Europakunde überstehen: Das Bewerbungsportal fragt unter anderem nach den zwei europäischen Kulturhauptstädten 2018, dem meist besuchten Museum der EU und dem Datum der nächsten Wahlen zum EU-Parlament. Die Antworten sind gleich auf der Seite verlinkt, was das Abschreckungsrisiko minimiert.

So mitreißend wie die Ursprungsidee ist das Angebot aber lange nicht. Der Charme des Euro-Trips für alle Jugendlichen lag eben darin, keine Bedingungen vorzugeben. Damit sollten gerade auch die Desinteressierten und Abgehängten an der Vielfalt Europas teilhaben und für sie begeistert werden. Dieses „Recht auf Reisen“ kann das Gewinnspiel nicht ersetzen. Immerhin will die EU das Programm ausweiten: Diesen Herbst gibt es wohl eine weitere Bewerbungsrunde. Im nächsten Haushaltsentwurf für die Jahre 2021 bis 2027 stehen insgesamt 700 Millionen Euro für das Programm – genug für anderthalb Millionen Bahntickets. Die Zustimmung dafür ist aber noch nicht sicher.

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7 Kommentare

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  • Wird ja noch nicht genug von meinem Geld für Quatsch zum Fenster raus geworfen. Tut mal zu Abwechslung was für die Leute die jeden Tag zur Arbeit gehen und mit ihren Steuern das ganze am laufen halten. Sonst gibt's bei der nächsten Wahl noch mehr eurokritiker im Parlament und dann ist das Geschrei wieder groß.

  • "Die Antworten sind gleich auf der Seite verlinkt."

    Ein Knopf für copy & paste wäre angebracht, um unsere Jugend nicht intellektuell medientechnisch zu überfordern.

  • Alle Jugendlichen ab 16 sollten das Ticket nach dem Schulabschluss bekommen und zwar das Große. Keine Fragen, keine Vorgaben, keine Bedingungen. Was und wie es geht, darf die Schule erklären. Wenn du losfährst, gibt es noch einen Hunni auf die Hand. Alles nicht übertragbar oder gar veräußerbar. Am letzten Schultag ist das Ding im Kasten und es kann losgehen, einen GANZEN Sommer lang, ÜBERALL in der EU.

    Kostet sicher drei bis fünf Milliarden, wäre aber sensationell gut angelegt.

    Naja, Träumerei, die EU ist konservativ und gegen diese elende Gleichmacherei und da muss Konstantin von und zu aufs Gymnasium gehen und Doktor werden, weltoffen und gebildet und der Kevin darf nach der Schule nicht Europa kennenlernen, sondern muss ins BVJ und dann in die junge AfD, vor der der Konstantin dann aber wieder Angst hat. Schon seltsam.

    • @Weidle Stefan:

      Mit 16 sind die Jugendlichen nicht mal voll geschäftsfähig.

      Das schafft ihnen im Ausland viele Probleme.

  • "Mitmachen können alle EU-Bürger*innen, die zwischen dem 2. Juli 1999 und dem 1. Juli 2000 geboren wurden – alleine oder als Gruppe von bis zu fünf Personen."

     

    Dass Sechslinge nicht teilnehmen dürfen, finde ich diskriminierend.

  • Privilegierte Kids werden gesponsort. Tolle Idee.

  • Die Tickets werden verlost. Daraus ergibt sich in der Realität, daß vor allem die Kinder der reichen, informierten Schichten mit den kostenlosen Bahntickets beglückt werden. Mit diesem Verfahren "desinteressierte" Jugendliche zu erreichen, ist Realsatire.