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Google-Blogs in Argentinien gesperrtTelekomfirmen leisten sich Vollpanne

Ein Richter ordnet an, die argentinische Whistleblower-Seite Leakymails zu sperren. Vermutlich aus technischer Unkenntnis werden gleich über eine Million Blogs mitgesperrt. Google ist erbost.

In Argentinien ist erstmal Schluss mit bloggen. Bild: Frankenmarco / photocase.com

BERLIN taz | Da haben sich Justiz und Telefongesellschaften in Argentinien was geleistet: Mehr als eine Million Blogs sind für deren Betreiber nicht mehr zugänglich – anscheinend aufgrund von schlichtem technischen Unwissen. Eigentlich hatte die Justiz "nur" die Sperrung der Seite Leakymails verfügt, nachdem diese in Wikileaks-Manier E-Mails von Richtern, Journalisten und Politikern online veröffentlicht hatte.

Der Richter Sergio Torres hatte daraufhin eine Verfügung erlassen, die Seiten leakymails.com und leakymails.blogspot.com unzugänglich zu machen. In Klammern fügte er eine IP-Adresse hinzu, wie die Zeitung Clarín berichtet. Demnach war dies der Auslöser für die Sperrung des Blogdienstes von Google und damit der Blogs von wohl über eine Million Argentiniern. Die Telefongesellschaften blockten nämlich nicht die entsprechenden DNS-Einträge der Domains, sondern einfach die ganze IP.

An der IP-Adresse hingen nicht nur die Seiten von Leakymails, sondern eben auch die der Google-Plattform für Blogs in Argentinien. Google hat bereits Einspruch erhoben gegen die Sperrung der IP-Adresse und beklagt im Google-Blog zu Lateinamerika die "Einschränkung von fundamentalen Rechten, wie dem des Zugangs zu Informationen und der Freiheit sich zu äußern".

Die Sperrung von IP-Adressen sei zudem wenig effektiv, da diese gewechselt werden könnten, um so die Sperrung einer Seite zu umgehen. Google sei bereits in Kontakt mit den Verantwortlichen, um den argentinischen Bloggern wieder Zugang zu ihren Seiten zu verschaffen.

Doch hinter der technischen Panne vermuten einige Schlimmeres. Global Voices of Advocacy kommentiert die Sperrung mit dem Hinweis, dass damit gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verstoßen werde. Bei Twitter und in nicht-gesperrten argentinischen Blogs vermutet man Zensur und ist empört. Einige wenige sehen es aber auch mit Galgenhumor und freuen sich über die Entlarvung der technischen Unfähigkeit argentinischer Telefonanbieter. Sie weisen freundlich-hämisch auf andere Möglichkeiten hin, der Justiz Folge zu leisten und eine Seite zu sperren, ohne dabei auch Blogs über Kochrezepte und Pflanzenzucht zu blockieren.

Die Betreiber von Leakymails sehen das hingegen recht gelassen, sie amüsieren sich über die Hilflosigkeit der Regierung: "Sie und ihre dummen Berater haben nicht die geringste Idee, wie sie uns aufhalten können", teilten sie laut Clarín mit.

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