Golfen und CO2-Emissionen: Mit Jet und SUV aufs Grün
Die Ökobilanz des Profigolfens sorgt dafür, dass das Spiel auf dem Rasen zum dreckigsten Sport der Welt wird.
![Privatjet auf einem Flughafen Privatjet auf einem Flughafen](https://taz.de/picture/6966634/14/imago0013074067h-1.jpeg)
U nter Freizeit fatal versteht man Freizeittätigkeiten, zu denen man weltverschmutzend individuell anreist. Wenn etwa Eltern ihren Fußballnachwuchs der C-Jugend per Pkw zum Spiel in den Nachbarort shutteln, gern zweimal hin und her, vielleicht sogar mit zehn Autos für 16 Kids. Fossilstoffe zu verbrennen ist spritbillig, da ist die Not zu klein für Fahrgemeinschaften. Niemand kommt auf die Idee, die Jugendlichen in den Linienbus zu setzen. Dabei böte ein solcher Mannschaftsbus („Hier kommt der VfL“) ein Extragefühl der Besonderheit.
Auch Golf ist oft freizeitfatales Sporttreiben. Golfplätze sind kaum fußläufig erreichbar. Anreise per ÖPNV geht nur selten, auch wenn man Tasche und Schläger im Clubspind deponiert hat. Wenn man die Parkplätze vor den Golfanlagen sieht, ist der Fall klar – egal ob da mehr SUV-Panzer ruhen, Benz-Cabrios oder angerostete Prollgolfs: Golf ist ökoigitt. Was tun?
Die Anreise zum grünen Paradies per E-Bike ist machbar, selbst 15 Kilometer sind schnell weggeradelt, und aufgewärmt ist man dann auch schon. In meinem Club kommt immerhin eine Handvoll angestrampelt. Aber: Viel ist das nicht eben.
Noch weit jenseits aller Fatalnormalität ist die Ökobilanz von Profis. Die minderbemittelten Millionäre unter ihnen sind per Linienflug unterwegs. Anders die großen Stars, zugepampert mit zig Millionen per annum. Das ruft nach Bequemlichkeit. Also: Privatjet. Die gibt es schon für 30 Millionen (Tiger Woods hat den teuersten: 53 Millionen). Die Folge: Berufsausübung fatal total.
Privatjet und eigener Flugschein
Ein Transatlantikflug mit einem Linienjet schlägt pro Passagier mit 0,5 bis 1,5 Tonnen CO2-Vergiftung zu Buche. Der private Kleinjet verpestet die Atmosphäre mit 25 Tonnen aufwärts. Gut, dass man meist einen Piloten an Bord hat und vielleicht ein paar Buddies, so teilt man sich fürs möglicherweise vorhandene Restgewissen den CO2-Abdruck. Ein vielbeschäftigter Golfprofi schafft an die hundert solcher Flüge im Jahr, manche auch mehr. Also durchaus 3.000 Tonnen Luftgift nur fürs Kugelschieben auf wechselnden Grüns.
Unsereins marginal naturbewusster Mensch verursacht etwa 7 bis 8 Tonnen CO2 pro Jahr, der deutsche Durchschnitt liegt bei 11,2. Für Flüge fallen statistisch weniger als eine Tonne jährlich an. Das schafft ein Golfcrack rechnerisch in einer halben Stunde. Profigolf ist wahrscheinlich der dreckigste Sport auf noch existierender Erden.
Oft machen die Stars auch einen Pilotenschein und fliegen selbst, Arnold Palmer tat das und auch Phil Mickelson. Allerdings haben Golferflüge auch ihr eigenes Risiko. 1999 war der damals große US-Profi Payne Stewart im Learjet unterwegs, allein. Plötzlicher Druckabfall. Er wurde ohnmächtig und stürzte, als der Billigsprit aufgebraucht war, in den Tod.
An die 600.000 Privatflüge, schreibt Greenpeace Österreich, gab es 2022 in Europa, fast jede sechste Maschine hob von deutschen Pisten ab. Fast drei Viertel der Flüge waren kürzer als 500 Kilometer. Immerhin ist es preiswert. Kerosin wird weder im Dreamliner noch in einer Cessna besteuert und ist für schlanke 50 Eurocent pro Liter zu tanken. Privatjets sind zudem, herzlichen Glückwunsch, vom EU-Emissionshandel ausgenommen. Wann wohl die Letzte Generation mal das Teilnehmerfeld eines großen Golfturniers auszudünnen vermag?
Bis dahin dürfen sich, jenseits vom Golf, gewissenhafte Umweltpolitiker wie Friedrich Merz und Christian Lindner trösten. Deren Fluglust erscheint verglichen mit Golfstars wie Vogelschiss.
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