piwik no script img

Globaler EnergiemarktKlimakrise und KI heizen Energieverbrauch an

Datenzentren und Klimaanlagen treiben den weltweiten Stromverbrauch nach oben. Immer noch werden viel Kohle, Öl und Gas verbrannt.

Sorgen für Kühle und verbrauchen viel Strom: Klimaanlagen Foto: Ina Fassbender/imago

Freiburg taz | Der weltweite Energieverbrauch stieg im vergangenen Jahr ungewöhnlich stark an. Wie aus der Global Energy Review hervorgeht, welche die Internationale Energieagentur (IEA) am Montag in Paris vorstellte, wuchs die globale Energienachfrage im Jahr 2024 um satte 2,2 Prozent. Im Mittel des zurückliegenden Jahrzehnts hatte der jährliche Anstieg bei lediglich 1,3 Prozent gelegen.

Besonders der steigende Stromverbrauch hat die Entwicklung getrieben, denn die Nachfrage nach elektrischer Energie stieg besonders stark um 4,3 Prozent. Fatih Birol, Exe­kutivdirektor der IEA, sieht mehrere Gründe: Zum einen wachse der Energiehunger der Rechenzentren, vor allem auch aufgrund die rapide zunehmenden Anwendungen der künstlichen Intelligenz. Zum anderen steige der weltweite Strombedarf, weil aufgrund der zunehmenden Hitze mehr Klimaanlagen gebraucht werden. Weitere Faktoren seien die verstärkte Nutzung von Strom in Verkehr und Industrie.

Aus Sicht des Klimaschutzes ist die Entwicklung wenig erfreulich: Der globale CO₂-Ausstoß aus der Energieerzeugung stieg im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um weitere 0,8 Prozent. Damit blieb das Wachstum der Emissionen aber immerhin deutlich unter dem Wachstum der globalen Wirtschaftsleistung, das bei 3,2 Prozent lag.

Trotz der zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien ist Erdöl weiterhin der wichtigste Energierohstoff. Immerhin habe sich das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage 2024 deutlich verlangsamt, rechnet die IEA vor. Nachdem die Nachfrage nach Öl im Jahr 2023 noch um 1,9 Prozent gestiegen war, lag das Plus 2024 nur noch bei 0,8 Prozent.

Damit nimmt die Bedeutung des Mineralöls in Relation zum gesamten Energieverbrauch langsam ab: Erstmals sank sein Anteil am globalen Energiemix unter die Marke von 30 Prozent, der Höchststand lag vor 50 Jahren bei 46 Prozent. Die Entwicklung in den einzelnen Sektoren war unterschiedlich: Die Ölnachfrage des globalen Straßenverkehrs ging leicht zurück, die Ölnachfrage der Luftfahrt und der Petrochemie stieg weiter an.

Auch Nachfrage nach Kohle steigt

Auch die weltweite Kohlenachfrage stieg abermals, nämlich um ein Prozent. Noch stärker erhöhte sich die Nachfrage nach Erdgas, nämlich um 2,7 Prozent. Sie wuchs damit deutlich schneller als im zurückliegenden Jahrzehnt. Auch in der Europäischen Union nahm der Gasverbrauch noch leicht zu, insbesondere durch die Nachfrage der Industrie.

Der Zubau von Windkraft und Photovoltaik erreichte im Jahr 2024 zum 22. Mal in Folge ein Rekordniveau. Rund 700 Gigawatt an Erzeugungskapazitäten wurden neu errichtet, fast 80 Prozent davon entfielen auf die Photovoltaik. In der EU übertraf der Anteil von Photovoltaik und Wind an der Stromerzeugung erstmals den Anteil, den Kohle und Gas zusammen erreichen. In den USA überholten Photovoltaik und Wind mit einem Anteil von zusammen 16 Prozent die Kohle, in China erzeugten Sonne und Wind fast 20 Prozent des Stroms.

Immer dürftiger werden unterdessen die Fortschritte bei der Energieeffizienz: Nach einer durchschnittlichen jährlichen Verbesserung der Effizienz um etwa zwei Prozent in den Jahren 2010 bis 2019 lag der Fortschritt in den Jahren 2019 bis 2023 im Mittel nur noch bei 1,2 Prozent, 2024 sogar nur bei ein Prozent. Ausgerechnet der Klimawandel bremst die Fortschritte: Der höhere Energiebedarf aufgrund extremer Temperaturen ist der IEA zufolge ein Grund dafür, dass es kaum mehr gelinge, die Energieeffizienz der Volkswirtschaften zu steigern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • „Sorgen für Kühle und brauchen viel Strom“:



    Ja, so kritisieren hierzulande viele Klimaanlagen und vergessen dabei ihre Heizung welche in den vergangenen Monaten für Wärme gesorgt und dabei immer noch vor allem viel fossile Energie verbraucht hat…denn: Klimaanlagen können die Überschussproduktion von Solarstrom im Sommer sehr gut bedarfsgerecht verwerten, das passt viel besser als ne Wärmepumpenheizung beim gegenwärtigen Energiemix im Winter.

    Zum Thema KI: Muß vielleicht wirklich noch nicht jetzt sein wenn die Energie dafür noch nicht klimaneutral zu haben ist…auf jeden Fall sollte die Abwärme von Rechenzentren halt auch zum Heizen verwendet werden.

  • Der typische deutsche Durchschnittsbürger verbraucht für Verkehrsmittel und Heizung/Warmwasser mehr Energie als durch seinen Stromverbrauch -- jeweils, nicht zusammen. Jetzt soll er gesetzlich gezwungen elektrisch heizen und elektrisch fahren, aber ein Anstieg des Stromverbrauches liegt natürlich an KI und Klimaanlagen, was sonst?



    2.2 % im Jahr ist mehr als der langjährige Durchschnitt, das stimmt. Er folgt aber, sorgfältig gepickt, auf ein Vorjahr fast ohne Anstieg. Beim Blick auf den Gesamtverlauf fällt 2024 keineswegs heraus. Wenn überhaupt zeigt sich eine leichte Rechtskrümmung, also Verlangsamung.

  • Interessant ist, wenn man im verlinkten IEA-Report die Zahlen auf Seite 38 anschaut.



    Nach diesen Zahlen hat die Energieerzeugung von 2023 zu 2024 mit den "renewables" um 4 EJ, die Nuklearenergie um 1 EJ und die fossiler Energien in Summe um 7 EJ zugenommen.



    Das bedeutet, dass die Nutzung fossiler Energien fast doppelt so schnell zugenommen hat wie die der Erneuerbaren.



    Global betrachtet heißt das, dass die fossilen Energien nach wie vor nicht von den Erneuerbaren nach und nach abgelöst werden.

  • Das ist wie die selbst erfüllende Prophezeiung, desto unerträglicher die Temperaturen desto mehr Einsatz von Klimaanlagen, desto höher der Energieverbrauch, aufgrund von den jetzigen Energiemix, dadurch wird ein höherer Ausstoß von CO2 erzeugt und die Klimakatastrophe wird dadurch immer schneller und weiter beschleunigt, dadurch mehr Einsatz von Klimaanlagen. Das nennt sich Teufelskreis, wir sind doch alle auf sehr guten Wege, den Planeten gegen die Wand zu fahren.