■ Mit unterirdischem Giftmüll auf du und du: Giftlager im Bergwerk
Berlin (taz) – „Wir kippen nicht einfach Giftmüll in die Bergwerke.“ Mit diesen Worten weist der Pressesprecher des Umweltministeriums die Vorwürfe des Spiegel zurück, der in seiner neuesten Ausgabe behauptet: „Die rot-grüne Bundesregierung will weiterhin giftige Industrieabfälle in stillgelegte Bergwerke kippen, statt sie in speziellen Sondermülldeponien zu entsorgen.“
Im Gegenteil: Umweltminister Jürgen Trittin hat eine Verordnung in Arbeit, „die Müllablagerung in ungeeigneten Bergwerken verhindern“ soll.
Diese Verordnung fällt nicht aus heiterem Himmel – Deutschland droht eine Klage der EU-Kommission, denn nach geltender EU-Richtlinie fällt die dauerhafte Ablagerung von Abfällen im Boden unter das Abfallrecht. Damit wäre die in Deutschland übliche Praxis des „Bergversatzes“ rechtswidrig, bei dem – unter anderem aus giftigen Stoffen wie Filterstaub aus Müllverbrennungsanlagen – eine Art Mörtel gemischt und anschließend in die stillgelegte Grube gefüllt wird. Doch die alte Bundesregierung hatte sich schlau herausgeredet: Der Müll gelte in diesem Fall nicht als Abfall, sondern als Füllmaterial. Damit werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der Müll wird beseitigt, die Gruben gegen die Gefahr von Senkungen der Oberfläche gestützt, und nebenbei spart die Regierung noch viel Geld. Denn sowohl eine „fachgerechte“ Entsorgung als Sondermüll als auch eine „fachgerechte“ Stützung leergeräumter Schächte durch oberirdisch lagerndes Haldenmaterial wären viel teurer. Nach der neuen „Bergsatzverordnung“ muss in Zukunft für den Versatz ein Fachgutachten gewährleisten, dass Gifte langfristig nicht ins Grundwasser dringen können. Das trifft nach Auffassung des Ministeriums nur für Salzbergwerke zu, „Steinkohle- und Erzbergwerke sind nicht geeignet“.
Der Streit mit der EU-Kommission sei aber weniger ein Streit um ökologische Standards, als vielmehr über die knapper werdende Ware Müll. Sollte die EU-Kommission auf ihrer Auslegung des Bergversatzes als „Müllbeseitigung“ beharren, fallen die Materialien nicht privaten Entsorgern, sondern der öffentlichen Hand zu – samt der höheren Einnahmen aus den Müllgebühren und der besseren Kapazitätenauslastung der öffentlichen Müllverbrennungsanlagen. kk
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