Gewerkschaftsproteste in Griechenland: Generalstreik gegen Alexis Tsipras
Erstmals wird der linke Regierungschef mit großen Protesten konfrontiert. Syriza ruft zum Arbeitskampf auf. Die Opposition wird immer lauter.
Neben der Beamtenvertretung ADEDY riefen auch der größte Gewerkschaftsverbund der Privatwirtschaft GSEE und die kommunistische Gewerkschaft PAME zum Streik auf. Nächste Woche wollen auch die Landwirte auf die Straße gehen, um gegen höhere Steuern und steigende Sozialbeiträge zu protestieren.
Am Rande einer Demonstration vor dem griechischen Parlament kam es wieder einmal zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und ungefähr 200 vermummten Jugendlichen. Nach Augenzeugenberichten schleuderten die aufgebrachten Demonstranten Brandsätze und Steine auf Polizisten, die mit Tränengas und Blendgranaten reagierten. Auch das Finanzministerium und die Notenbank wurden Ziele einer Molotowcocktail-Attacke.
Ministerpräsident Alexis Tsipras kam wohl gelegen, dass er sich gerade beim EU-Afrika-Gipfel auf Malta aufhielt. Kurioserweise hatte seine eigene Partei Syriza zur massiven Teilnahme am Arbeitskampf aufgerufen. Der Protest richte sich gegen „neoliberale Politik und Erpressung seitens wirtschaftlicher und politischer Machtzentren im In- und Ausland“ hieß es in einer schriftlichen Mitteillung der Syriza-Abteilung für Arbeitsmarktpolitik.
Alte Weggefährten protestieren mit
Kommentatoren hatten sich gewundert, ob auch Syriza-Minister zur Demonstration gegen die eigene Regierung erscheinen. Dazu ist es nicht gekommen. Umso entschlossener präsentierten sich einstige Syriza-Kabinettskollegen, die sich derzeit bei der linksradikalen „Volkseinheit“ engagieren.
Bei der jüngsten Parlamentswahl in September verpasste die Splitterpartei den Einzug ins Parlament, nun will sie die Unzufriedenheit vieler Linkswähler für ein Comeback nutzen. Jedenfalls gesellten sich zahlreiche Ex-Weggefährte von Linkspremier Tsipras zu den Demonstranten - unter ihnen der frühere Anführer der innerparteilichen Opposition Lafazanis und die ehemalige Parlamentspräsidentin Konstantopoulou.
Über die Ereignisse am Donnerstag wurden die Menschen in Hellas nur ansatzweise informiert, da sich auch Journalisten am landesweiten Streik beteiligten. Im Zuge der Rentenreform befürchten die Medienschaffenden nun weitere Grausamkeiten.
Allerdings fällt es ihnen auch schwer, gemeinsam gegen Kürzungen zu kämpfen: Fünf Monate nach der Wahl eines neuen Vorstandes bei der größten Journalistengewerkschaft ESHEA, kommt das Präsidium immer noch nicht zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Zu heftig sind anscheinend die Konflikte zwischen widerstreitenden Kräften im neuen Vorstand.
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