Gewaltausbruch in Kuala Lumpur: Demonstration endet blutig

In der Malaysias Hauptstadt gehen Zehntausende für Wahlrechtsreformen auf die Straßen. Gewaltbereite Demonstranten liefern sich Schlachten mit der Polizei.

Gewaltbereite Demonstranten attackieren am Samstag die Polizei und demolieren Dienstwagen. Bild: reuters

KUALA LUMPUR taz | Es sind chaotische Szenen: An der Jalan Tun Perak, einer Verkehrsader nahe dem „Dataran Merdeka“ (Platz der Unabhängigkeit) in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur eskaliert die Lage am späten Samstagnachmittag. Offensichtlich gewaltbereite Demonstranten sowie Polizeieinheiten gehen aufeinander los. Seitens der Protestierenden fliegen Wasserflaschen und Schuhe in Richtung der Polizisten, während Letztere Jagd auf die aufgebrachte Menge machen. „Gehen Sie raus aus diesem Tumult“, sagt ein junger Polizist und weist einen Weg in eine der Seitengassen. Die Stimmung ist aufgeheizt; es gibt an diesem Tag mehrere Verletzte, Hunderte werden zeitweilig festgenommen.

Dabei hatte am Morgen alles friedlich begonnen. Das Bündnis „Bersih“ (Sauber) hatte zu der Massenkundgebung aufgerufen und mehrere zehntausend Teilnehmer waren gekommen. Auch Oppositionsführer Anwar Ibrahim nahm teil, der schärfste Rivale des Premiers Najib Razak. Die aus Nichtregierungsorganisationen und Oppositionellen bestehende Bersih-Allianz fordert von Malaysias Regierung eine Reform des Wahlsystems. Unter anderem kritisiert es Manipulationen der Wählerlisten

Unter Slogans wie „Reformasi!“ (Reformen) und „Die Macht dem Volk!“ zogen die Bersih-Anhänger durch die Innenstadt in Richtung des Unabhängigkeitsplatzes. Eigentlich war geplant, dort eine Sitzkundgebung abzuhalten, doch die Behörden hatten das in letzter Minute per Gerichtsbeschluss verboten.

„Dann machen wir das, was wir vorhatten, außerhalb des Platzes“, so Ambiga Sreenevasan, Anwältin und Vorstandsvorsitzende von Bersih zur taz. Nach außen hin sei Bersih signalisiert worden, dass die Regierung nichts gegen die Demo einzuwenden habe. Aber hinter den Kulissen seien Schritte vorbereitet worden, um zu verhindern, dass diese stattfinde.

Der Premier leidet unter bröckelndem Ansehen

Eigentlich stehen erst 2013 Neuwahlen in dem Vielvölkerstaat an, doch man munkelt, dass Premier Najib Razak diese angesichts des bröckelnden Ansehens seiner Regierungskoalition auf Juni vorziehen werde.

Für die regierende „Nationale Front“ unter Führung der United Malays National Organisation (Umno) ist Bersih ein ständiger Stachel im Fleisch. „Wir fordern Demokratie und die Freiheit, Dinge zu kritisieren, ohne dass die Regierung alles kontrolliert“, so Bersih-Demonstrantin Surina Dauwid. „Ist doch typisch, dass es erst hieß, dass wir auf dem Dataran Merdeka demonstrieren dürfen, und in letzter Minute daran gehindert wurden.“

Zur Eskalation kam es kurz vor Ende der Demonstration. Entgegen den Anordnungen der Bersih-Spitze versuchten einige Protestierende, die Barrikaden aus Gittern und Stacheldraht rund um den Platz zu durchbrechen. Daraufhin setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein. Die sich zerstreuenden Menschen wurden durch Straßen gejagt. „Das ist Machtmissbrauch, die Regierung ist paranoid, schimpfte die Demonstrantin Chong Lee Lee.

Spekulationen über Provokateure

Während staatstreue Medien den Samstag als „Tag der Schande“ brandmarkten, betont Bersih, die meisten Demonstranten seien absolut friedlich gewesen. Im Hinblick auf die Konfrontationen mit der Polizei sagte das Bündnis, dieses Verhalten sei für Bersih-Demonstranten unüblich. Daher vermute man, dass Provokateure am Werk gewesen seien. Noch sammele man Fakten, so Bersih-Chefin Ambiga Sreenevasan. Sollte es sich um Bersih-Teilnehmer gehandelt haben, die gewaltsam gegen Polizisten vorgegangen seien, müssten sie die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

Auf jeden Fall wird die erneute Bersih-Demonstration den Druck auf die Regierung verschärfen. Razak war massiv kritisiert worden, als im Juli 2011 Tränengas und Wasserwerfer gegen Protestierende eingesetzt worden waren. Seitdem sucht sich Malaysias Premier als Reformer zu präsentieren, indem er eine Abkehr von den drakonischen Sicherheitsgesetzen des Landes versprach. Auch im November 2007 waren tausende Menschen für eine Wahlrechtsreform auf die Straßen gegangen. Zwar hatte die Regierung auch jene Kundgebung unterdrückt, damit aber die Proteststimmung erst recht entfacht. Bei den Wahlen im März 2008 hatte die Opposition die Zweidrittelmehrheit der Regierungskoalition gebrochen.

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