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Gewalt in SyrienWenn die Beobachter fort sind

Die arabische Beobachtermission geht vorerst zu Ende, die Gewalt nicht. Trotz Waffenstillstands wird die Stadt Sabadani weiterhin beschossen.

Assad-Gegner in Marat al-Numan. Bild: reuters

BERLIN taz | Während die Arabische Liga sich darauf vorbereitet, den Bericht ihrer Beobachtermission über die Lage in Syrien zu prüfen, dauern die Kämpfe im Landesinneren an. Anwohnern der nordwestlich von Damaskus gelegenen Stadt al-Sabadani zufolge haben Regierungstruppen die Stadt am Mittwoch mit Luftabwehrraketen beschossen.

"Die Geschäfte haben geschlossen, Familien fliehen unter dem Schutz der Rebellen", berichtet ein Einwohner der rund 40.000 Menschen zählenden Gemeinde an der Grenze zum Libanon telefonisch der taz. "Die Stadt ist von Panzern umstellt." Videoaufnahmen zeigen, dass Rebellen an den Ortsausgängen Straßensperren zur Verteidigung der Stadt errichtet haben.

Anders als von der Nachrichtenagentur Reuters gemeldet, ist in al-Sabadani kein Waffenstillstand zwischen regierungstreuen Truppen und Aufständischen in Kraft getreten. "Fünf Minuten, nachdem die Beobachter der Arabischen Liga die Stadt verließen, wurden die Angriffe fortgesetzt", so der Augenzeuge. Nach dem Besuch der Beobachter versuchten Demonstrierende nach Videoaufnahmen, den Beobachtern den Weg zu versperren und sie zum Bleiben zu überreden. Bei der Abreise wurden die Autos der Beobachtermission mit Steinen beworfen.

In Aleppo, der zweitgrößten Stadt des Landes, kam es am Mittwoch auf dem Universitätsgelände zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Angehörigen der regierungstreuen Schabiha-Miliz. Dies berichten AktivistInnen in sozialen Netzwerken. Die Demonstrierenden forderten die Freilassung von KommilitonInnen, die bei einer Razzia am Vortag festgenommen worden waren. Dutzende seien bei den Ausschreitungen verletzt worden.

Russland blockiert Einmischung

Unterdessen spitzt sich der Syrien-Konflikt auch auf internationaler Ebene zu. Der russische Außenminister Sergei Lawrow lehnte am Mittwoch eine Einmischung der internationalen Staatengemeinschaft in Syrien erneut ab. Zuvor hatte Russland im UN-Sicherheitsrat einen überarbeiteten Resolutionsentwurf eingebracht, der von westlichen Diplomaten als unzureichend betrachtet wird.

Der Entwurf gibt der Opposition und dem syrischen Regime gleichermaßen Schuld an der Gewalt. Dem Westen warf Lawrow am Mittwoch vor, die Augen vor den "Terroranschlägen" der Aufständischen zu verschließen. Russland ist ein wichtiger Waffenlieferant Syriens.

Der syrische Präsident Baschar al-Assad wandte sich mit deutlichen Worten gegen Erwägungen, arabische Truppen nach Syrien zu schicken. Er warnte, er werde sich von diesen nicht kampflos entmachten lassen. Am Wochenende hatte Katar, das den für Syrien zuständigen Ausschuss der Arabischen Liga leitet, eine arabische Truppenentsendung erwogen. Es war der erste diesbezügliche Vorschlag aus den Reihen der Liga.

Das Syrien-Mandat der Beobachtermission der Arabischen Liga läuft am heutigen Donnerstag aus. Am Sonntag will die Liga den Bericht der Beobachter prüfen. Syrien hat bereits eingewilligt, das Mandat der Liga zu verlängern und die Zahl der derzeit 165 Beobachter aufzustocken. Es sprach sich jedoch gegen weiterreichende Befugnisse für die Beobachter aus. Die EU wird voraussichtlich bei ihrem Außenministertreffen am Montag ihre Sanktionen gegen die Regierung in Damaskus verschärfen.

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2 Kommentare

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  • S
    Syrer

    Hier ist das Video von CNN, auf dass sich die taz wohl bezieht:

     

    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=DV_o_ByHjhE

     

    bei 2:50 sieht man, wie die Beobachter vor den Steinen der "friedlichen Demoinstranten" fliehen müssen.

     

    bei 4:20 hört man, wie auf die Soldaten, die den Beobachtern und Journalisten den Weg frei machen, geschossen wird. Der Journalist sagt zwar, dass es nicht klar sei wer schießt, jedoch ebenso, dass die Soldaten in Deckung rennen - somit sollte wohl zumindest klar sein auf wen geschossen wird... Wer hat also die "Waffenruhe" aufgekündigt?? Mit Sicherheit nicht die in Deckung gehenden Soldaten! Ich denke jedem, der dieses Video genau betrachtet, wird auffallen, dass in diesem taz-Artikel so einiges nicht stimmen kann.

     

    Am Rande:

    Der "friedliche Demonstrant" bei 1:57 scheint zudem Mitglied in einer bewaffneten Bande (oder FSA oder Freiheitskämpfer - wie auch immer Sie es nennen wollen) zu sein. Das beweist folgendes Video, dass die Stimme und den verlorenen Finger in zwei Videos vergleicht:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=JTL9yzZ4AeU

     

    Ich vermute also, dass seine Verletzungen ihm nicht bei einer friedlichen Demo zugefügt wurden...

     

    Fazit: Die taz schreibt einen Artikel, dar sich auf ein Video beruft (wird ja auch klar im Artikel gesagt) und übersieht (?) dabei nicht nur zahlreiche wichtige Informationen, sondern liefert sogar "Infos", die überhaupt nicht aus dem Video hervorgehen und sogar mit diesem in Widerspruch stehen. Warum?

  • J
    jakob

    Sag mal taz erfindet ihr das alles? Wo sind die videos? Wo sind die Beweise fuer das was ihr schreibt? Es klingt bei jedem eurer Artikel, als wenn ihr den Befehl bekommt anti- so und so Propaganda zu betreiben und dann macht ihr das auch... Schwach!

    5 Minuten nach dem die Beobachter davon gefahren sind??? Luftabwehr Raketen? Seid ihr in der Armee, da ihr ja so genau wisst wie laut Geschosse sind und das die Syrische Armee Luftabwehrgeschosse auf eine Stadt abfeuert... Laecherlich... Ihr habt ueberhaupt keine Ahnung, ein M-4 Sturmgewehr kann man Meilen weit hoeren, geschweige denn ein Geschoss ob Artillerie oder nicht... Wahnsinn!