Gewalt in Syrien: Exekutionen dank dickem Budget

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat dem syrischen Regime Massenexekutionen nachgewiesen. Oxfam deckt syrische Waffeneinkäufe in Höhe von 168 Millionen US-Dollar auf.

Die syrischen Rebellen haben den Waffen des Regimes nur alte Kalaschnikows entgegenzusetzen. Bild: ap

BEIRUT/BERLIN rtr/taz | Menschenrechtler werfen Syrien vor, kurz vor Beginn des Waffenstillstands mit Massenexekutionen Kriegsverbrechen verübt zu haben. Während die Regierung in Damaskus mit dem Sondergesandten Kofi Annan verhandelte habe, hätten Soldaten in der nördlichen Provinz Idlib mindestens 95 Zivilisten hingerichtet und Hunderte Häuser zerstört, erklärte Human Rights Watch (HRW) am Mittwoch.

Trotz der vereinbarten Waffenruhe dauerte die Gewalt an: Rebellen töteten Menschenrechtlern zufolge 15 Mitglieder der Sicherheitskräfte. Der New Yorker Menschenrechtsorganisation zufolge fallen die mutmaßlichen Massenexekutionen in den Oppositionshochburgen in die Zeit von März und Anfang April.

„Überall wo wir hinkamen, sahen wir verbrannte und zerstörte Häuser, Geschäfte und Autos“, berichtete Anna Neistat von Human Rights Watch. „Die syrischen Truppen nutzen offenbar jede Minute vor dem Waffenstillstand, um Leid anzurichten.“

Die HRW-Experten berichteten von deutlichen Hinweisen auf Exekutionen: So seien in einem Haus Gewehrsalven an einer Wand auf einer Höhe von einem halben Meter eingeschlagen - in etwa der Höhe einer knieenden Person. Die Regierung in Damaskus wollte den Bericht nicht kommentieren.

Waffenstillstand mehrfach gebrochen

Beide Seiten haben den seit rund drei Wochen formal geltenden Waffenstillstand, den der Annan-Friedensplan vorsieht, gebrochen. Zuletzt haben die Regierungstruppen herbe Rückschläge einstecken müssen.

So kamen am Dienstag zwölf Soldaten in der östlichen Stadt Deir al-Sor in einem Feuergefecht ums Leben, wie die syrische Beobachterstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien berichtete. Die Berichte können nur schwer überprüft werden, weil Syrien eine freie Berichterstattung unterbindet.

Trotz der anhaltenden Gewalt will Staatschef Baschar al-Assad am 7. Mai Wahlen abhalten lassen, bei denen nicht nur die herrschende Baath-Partei zugelassen sein soll. Allerdings wurden bereits zwei Parteien von der Wahl ausgeschlossen, mehrere andere Oppositionelle, die zur Wahl antreten wollten, wurden oder werden derzeit eingeschüchter und bedroht.

Es ist davon auszugehen, dass die anstehende Parlamentswahl eine ähnliche Farce wie alle anderen Wahlen zuvor wird. Die Wahl wird von Assad als Teil eines Reformpaketes verkauft, mit dem er auch dem Ausland eine Bereitschaft zur Veränderung signalisieren will. Westliche Staaten haben jedoch kaum Hoffung auf einen Erfolg der Reformen oder des Waffenstillstands.

Oxfam deckt Waffenkäufe des Regimes auf

Die karitative Organisation Oxfam hat einen Bericht veröffentlicht, nachdem das syrische Regime noch kurz vor dem Beginn der Niederschlagung des Aufstandes rund 167 Millionen Euro in Luftabwehrsysteme und eine weitere Million US-Doller in den Ankauf von kleineren Handwaffen investiert. Obwohl die EU bereits im vergangenen Jahr ein Waffenembargo für Syrien verhängte, sollen Iran und Russland weiter Waffen an das Regime verkaufen.

Insgesamt, so heisst es in dem Bericht, sollen zwischen dem 2000 und 2010 über 2,2 Miliarden US-Dollar von Ländern gekauft worden sein, die insgesamt bereits 26, teils verschiedenen, Waffen-Embargos unterlagen.

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