Gewalt in Ägypten: Letztes Gefecht ums Minarett

Sicherheitskräfte haben die Al-Fateh-Moschee in Kairo weitgehend in ihre Gewalt gebracht. Die Regierung prüft nun ein Verbot der Muslimbruderschaft.

Im Gotteshaus herrscht das Gesetz der Waffe: Staatliche Sicherheitskräfte beziehen Stellung im Innern der Al-Fateh-Moschee. Bild: reuters

KAIRO afp/dpa | Die von hunderten Islamisten besetzte Moschee in Kairo ist nach Angaben von Vertretern der ägyptischen Sicherheitsbehörden am Samstagnachmittag weitgehend geräumt worden. Die Sicherheitskräfte kämpften demnach aber noch darum, die Kontrolle über das Minarett des Gotteshauses im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt zu erlangen. Zuvor hatten sie sich heftige Schusswechsel mit bewaffneten Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi geliefert.

In der Al-Fath-Moschee hielten sich seit Freitag hunderte Mursi-Anhänger verschanzt. Im Laufe des Samstages begannen die Sicherheitskräfte dann mit der Zwangsräumung und holten Menschen einzeln aus dem Gotteshaus. Dabei lieferten sie sich heftige Feuergefechte mit den Bewaffneten im Innern. Nach offiziellen Angaben wurden landesweit bei blutigen Zusammenstößen binnen 24 Stunden mindestens 173 Menschen getötet.

Über dem Vorplatz der Moschee hing den ganzen Tag Tränengas, wie ein afp-Reporter berichtete. Die ägyptische Nachrichtenagentur Mena hatte gemeldet, Bewaffnete hätten aus der Moschee das Feuer auf gepanzerte Armeefahrzeuge eröffnet. Im Fernsehen war zu sehen, dass Sicherheitskräfte auf das Minarett schossen. Am Morgen waren Soldaten zunächst offenbar ohne Gewaltanwendung in die Moschee am Ramses-Platz eingedrungen.

Nach Angaben eines Regierungssprechers wurden bei den Zusammenstößen zwischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi und Sicherheitskräften innerhalb von drei Tagen 57 Polizisten getötet. Unter den Toten vom Freitag war offenbar auch Ammar Badie, der Sohn von Muslimbrüder-Chef Mohammed Badie. Er sei auf dem Ramses-Platz erschossen worden, erklärte die Partei der Freiheit und der Gerechtigkeit, der politische Arm der Muslimbrüder.

Ägypten wird seit Wochen von blutigen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und Sicherheitskräften erschüttert. Allein am Mittwoch, an dem in Kairo Protestcamps der Muslimbrüder geräumt wurden, kamen dabei laut offiziellen Angaben 578 Menschen zu Tode, rund 3000 wurden verletzt.

Bruder von Al-Kaida-Chef in Haft

Am Freitag hatte es landesweit erneut schwere Straßenschlachten gegeben. Das Innenministerium gab am Samstagmorgen bekannt, dass am Vortag 1004 Anhänger der Muslimbrüder festgenommen worden seien.

In Giseh, einem Vorort von Kairo, wurde nach offiziellen Angaben der Bruder von Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri festgenommen. Mohammed al-Sawahiri werde die Unterstützung Mursis vorgeworfen, sagten Vertreter der Sicherheitsbehörden.

Die Übergangsregierung hatte am Freitag ihr hartes Vorgehen auch gegen massive internationale Kritik gerechtfertigt und erklärt, sie müsse ein "terroristisches Komplott der Muslimbrüder" niederschlagen.

Nun droht der Muslimbruderschaft, zwei Jahre, nachdem sie in Ägypten wieder offiziell zugelassen wurde, unten den neuen Machthabern erneut ein Verbot. Der Vorschlag, die Islamisten-Organisation für illegal zu erklären, stamme von Übergangsministerpräsident Hasim al-Biblawi, sagte ein Regierungssprecher am Samstag in Kairo. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen worden.

Die Muslimbruderschaft war während der Amtszeit des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak verboten. Ihre neu gegründete Partei für Freiheit und Gerechtigkeit ging aus der Parlamentswahl nach dem Sturz Mubaraks als stärkste politische Kraft hervor. Laut Umfragen hat sie seitdem einen großen Teil ihrer Popularität eingebüßt. Mohammed Mursi war 2012 als Kandidat der Muslimbrüder zum Präsidenten gewählt worden. Am 3. Juli 2013 setzte ihn das Militär nach Massenprotesten ab.

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