Gewalt gegen LGBTQ: Das 602. Massaker in den USA 2022
Viele Hassverbrechen mit Schusswaffen richten sich in den USA gegen Transgender. Rechte Hetze und die Untätigkeit der Regierung sind das Problem.
SprecherInnen von LGBTQ-und Trans-Gruppen wollen nicht über die Motive des Täters von Colorado Springs spekulieren. Aber sie weisen auf die weit verbreitete Gewalt und politische Rhetorik gegen Transgender-Menschen hin.
Schon vor dem Massaker in Colorado Springs sind nach Angaben der Gruppe Human Rights Campaign in diesem Jahr mindestens 32 Transgender-Menschen in den USA ermordet worden. Die überwiegende Mehrheit von ihnen waren Transgender-Frauen.
Im letzten Jahr hat die Menschenrechtsorganisation ACLU 57 Morde von Transgender-Menschen erfasst. Die Dunkelziffer dieser Gewalttaten könnte noch höher sein, weil die Polizei nicht alle Opfer mit ihrer korrekten Genderzugehörigkeit erfasst.
Gesetzentwürfe sollen Transgender-Rechte beschneiden
In den Parlamenten mehrerer Bundesstaaten quer durch die USA kommt hinzu, dass konservative Politiker seit 2020 mehr als 100 Gesetzentwürfe vorgelegt haben, die das Ziel haben, Rechte von Transgender-Menschen – unter anderem an Schulen, in Sportclubs und im Militär – zu beschneiden.
Im gerade zurückliegenden Wahlkampf für die Midterms war das Versprechen von Vorgehen gegen Transgender-Menschen landesweit ein zentrales Thema in konservativen Kampagnen.
„Es gibt eine Menge Angriffe auf unsere Gemeinschaft. Eine Menge Anti-LGBTQ-Rhetorik“, sagt Nadine Bridges, Chefin von „One Colorado“ in einem Fernsehinterview nach dem Massaker. Und Sarah Kate Ellis, Präsidentin der LGBTQ-Gruppe Glaad, spricht von der „höchsten Zahl von Hassverbrechen seit zwölf Jahren“.
Sie macht „Anti-LGBTQ-Politiker“, soziale Medien, „die Hass verbreiten“, und die „Untätigkeit“ der Regierung in Sachen Schusswaffenkontrolle verantwortlich.
Ein Veteran und Helfer verhinderten weitere Opfer
In der konservativen Stadt Colorado Springs, wo zahlreiche Militärs leben und wo die rechte evangelikale Organisation „Focus on the Family“, die gegen Homosexualität „als Sünde“ predigt, ihren Hauptsitz hat, war „Club Q“ lange das einzige Lokal für die LGBTQ-Community.
In der Nacht zu Sonntag traten dort Drag-Queens auf. Es war der Vorabend des Transgender-Gedenktags, an dem seit 1999 der zahlreichen Gewaltopfer gedacht wird.
Nicht nur Mitglieder der LGBTQ-Community waren in den Club gekommen. Auch Richard Fierro, seine Frau, seine Tochter und ihr Freund sowie mehrere Freunde waren unter den Gästen. Als der schwer bewaffnete 22-jährige Schütze in den Club kam und sofort das Feuer eröffnete, brachte ihn der 45-jährige Irak- und Afghanistan-Veteran Fierro zu Fall. Er entriss dem jungen Mann die Schusswaffen und fixierte ihn, bis zur Ankunft der Polizei. Mindestens ein weiterer Gast half dabei. Doch für den Freund von Fierros Tochter kam das zu spät. Raymond Green Vance ist eines der fünf Todesopfer.
Der 22-jährige Tatverdächtige, der am Montag noch im Krankenhaus behandelt wurde, war vor einigen Monaten wegen einer Bombendrohung festgenommen worden. Aber das hinderte ihn nicht daran, schwere Waffen und Munition zu erwerben.
Seit dem Wochenende schon zwei neue Massaker
Laut Washington Post sollt der Tatverdächtige als Schulkind ein Mobbingopfer gewesen sein. Vor mehreren Jahren änderte er seinen Namen.
Seit dem Massaker von Colorado Springs haben bereits mindestens zwei weitere Massaker in den USA stattgefunden. Bis zum Montag, 21. November, hat die Organisation Gun Violence Archive (GAV), die Schusswaffengewalt erfasst, allein in diesem Jahr 39.482 Todesfälle durch Schusswaffen gezählt – davon waren zwei Drittel Suizide.
US-AmerikanerInnen sind weltweit die am schwersten bewaffneten ZivilistInnen. Seit Beginn der Pandemie ist die private Bewaffnung noch schneller angestiegen. Laut GAV kommen auf die 332 Millionen US-AmerikanerInnen gegenwärtig 393 Millionen Schusswaffen. Die Waffen von Polizei- und Militär sind dabei nicht mitgezählt.
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