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Gewalt gegen Blockupy-DemoMühsamer Weg zur Aufklärung

Nach dem harten Polizeieinsatz gegen Demonstranten in Frankfurt am Main fordert die Linke in Hessens Landtag einen Untersuchungsausschuss – und bleibt damit alleine.

Unerfüllter Wunsch eines Blockupy-Demonstranten. Bild: reuters

FRANKFURT/MAIN taz | Die Linke hat am Montag im hessischen Landtag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (UA) zum Polizeieinsatz gegen Blockupy am 1. Juni in Frankfurt beantragt. „Wir wollen wissen, wer für diesen Skandal politisch verantwortlich ist“, so Hermann Schaus von der Linkspartei. „Der Angriff auf die Demonstration wurde von der Polizeiführung oder vom CDU-Innenminister Boris Rhein geplant.“ Die Jusos Südhessen schließen sich der Forderung der Linken an.

Obwohl die beiden Oppositionsparteien SPD und Grüne den Polizeieinsatz für „unverhältnismäßig“ halten und Aufklärung fordern, steht die Linke mit ihrer Forderung alleine da. Falls dies so bleibt, wird der Ausschuss in der Abstimmung nächste Woche nicht zustande komme. „Wir wollen zunächst andere Möglichkeiten ausschöpfen“, so die innenpolitische Sprecherin der SPD, Nancy Faeser. Gemeinsam mit den Grünen hat die SPD am Freitag einen „dringlichen Berichtsantrag“ eingereicht.

In diesem wird die Landesregierung auch nach der Rolle des Innenministers gefragt, der in der kommenden Woche Rede und Antwort stehen muss. Kritik kommt aber nicht nur von der Opposition, auch konservative Medien kritisierten den Polizeieinsatz. Sogar die Staatenkonferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE rügt die hessische Landesregierung.

Acht renommierte Menschenrechtsorganisationen bezeichnen den Polizeieinsatz in ihrem kürzlich veröffentlichten „Grundrechte-Report 2013“ zudem als „verfassungsrechtlichen Skandal“. Doch all diese Kritik prallte bisher an Boris Rhein ab, im Landtag und auf einer Pressekonferenz versteckte er sich hinter dem Einsatzleiter der Polizei, Harald Schneider. „Dass ein Laufbahnbeamter anstelle der politisch Verantwortlichen vorgeschickt wird, befremdet uns sehr“, kritisierte Jörg Bruchmüller von der Polizeigewerkschaft.

Wunsch nach Aufklärung

Derweil gibt es auch am Ort des Geschehens den Wunsch nach Aufklärung. Letzte Woche traf sich Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) sowohl mit Demonstranten als auch mit dem Polizeipräsidenten Achim Thiel, dem er einen Fragenkatalog der Stadtverordnetenversammlung zum Polizeieinsatz übergab. „Falls Fragen unvollständig oder nicht zufriedenstellend beantwortet werden, setze ich mich für einen Untersuchungsausschuss im Landtag ein“, so Feldmann.

Erstmals wird nun intern ermittelt: Laut einer Polizeisprecherin seien bisher zehn Strafanzeigen gegen Polizisten eingegangen und eine Ermittlungsgruppe gegründet worden, die „Straftaten gegen oder durch Polizeibeamte“ aufklären soll. Elke Steven vom Grundrechtekomitee befürchtet, „dass viele Straftaten von Polizisten nicht aufgeklärt werden, weil sie nicht zuzuordnen sind“, und fordert „eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten“.

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8 Kommentare

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  • JS
    Jochen Schumacher

    DieGrünen ,eine Partei die sich nur noch um sich selber Kümmert ,Die SPD Hessen ein armseliger Haufen inzwischen ,danke den Jusos und den Linken,Frau Roth fährt ja auch lieber in die Türkei ,dort sind js auch mehr Journalisten.

  • H
    Hans

    Das Verhalten von SPD und Grünen ist beschämend.

    Bei der Demonstration wurde massiv gegen die Grundrechte der Demonstrierenden agitiert und sowohl der Untersuchungsausschus muss sein, als auch die politisch Verantwortlichen wie auch Herr Rhein müssen die Konsequenzen tragen.

     

    Jammern über Erdogan und Lukaschenka, doch verhalten sie sich genau so.

  • KP
    Kennzeichnungspflich, Polizeikommission und Vermummung

    In viele europäischen Ländern sind unabhängige Polizeikommissionen/-Beauftragte Normalität. In vielen Ländern ist eine Kennzeichnungspflicht Normalität.

     

    Auch die Vermummung ist in fast allen westlichen Ländern aus den selben Gründen zugelassen, aus denen auch die Wahl geheim zu sein hat.

     

    In Deutschland wirft man jedem, der nicht erkannt werden will vor, er wolle Gewalttaten begehen und schränkt daher die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein.

    Außer bei Polizisten, da sagt man, eine Kennzeichnungspflicht stelle einen Generalverdacht da.

     

    Wir leben in einem sehr merkwürdigen Land.

  • W
    Wahlempfehlung?

    Anders als eine Wahlempfehlung für die Hessen kann der Artikel ja kaum noch verstanden werden.

     

    Zumal ja nicht nur die Landesregierung, sondern auch die Stadt Frankfurt als Versammlungsbehörde drinsteht: Dort regiert ein direkt gewählter Sozialdemokrat als Bürgermeister und eine Schwarzgrüne SVV...

  • T
    Tastenpunk

    Ich kann es nicht begreifen, dass eine Partei wie Die Grünen, die selbst aus außerparlamentarischen Bewegungen entstand, sich, nach solch einer Gewaltorgie der Polizei, nicht ebenfalss für einen Untersuchungsausschuss einsetzt. Man kann bei den nächsten Wahlen wirklich nur noch die Linke wählen.

  • I
    Ian

    Kennzeichnungspflicht und eine unabhängige Ermittlungsstelle! Was ist daran so schwer? Das gehört sich für einen demokratischen Rechtsstaat. Vielleicht gibt es dann auch mehr Zivilcourage bei Polizeibeamten, sich den rechtswidrigen Anordnungen von Boris Rhein und der Einsatzleitung zu widersetzten. Die Hessische und die Frankfurter Polizei hatte noch nie den Mut, sich von der Politik aus Wiesbaden zu emanzipieren und ihren Auftrag in einer Demokratie wahrzunehmen.

    Und wenn es kritisch für die Hessische Polizei werden könnten, lässt man wie bei Blockupy, einfach Polizisten aus anderen Bundesländern prügeln. Da geht man auf Nummer sicher und keiner wird später etwas nachvollziehen können...

  • RB
    Recht bekommen ?

    glaubt man wirklich, wer gegen die Polizei klagt, dabei was rauskommt ? Dann heißt es eben Widerstand gegen die Staatsgewalt, schon ist die Sache vom Tisch für die Polizisten.

  • 1
    1893

    Da zeigt sich mal wieder die gesamte Scheinheiligkeit der deutschen Politik, ausgenommen der Linken. In der Türkei kritisiert man die Polizeigewalt, aber bei uns in Deutschland ist das doch irgendwie ok, wir sind ja ein "Rechtsstaat"...