Gesundheitsschädlicher Lärm: Brummen kann gefährlich werden
Dröhnende Geräusche technischer Anlagen können die Gesundheit schädigen. Das ist sogar bei nicht hörbaren Tönen der Fall.
Der tieffrequente Schall hat eine niedrigere Tonhöhe als 90 Hertz und ist langwelliger als gewöhnlicher Hörschall. Die tiefen Frequenzen umgeben den Menschen oft im Alltag, etwa als dröhnendes Geräusch bei Fahrten im Auto, Zug oder Flugzeug. Werden Menschen dauerhaft im Wohnumfeld damit beschallt, kann dies ein Problem werden. Denn diese Geräusche werden von Menschen schnell als bedrohlich wahrgenommen. Und selbst wenn man sie nicht hört, können sie gesundheitliche Auswirkungen haben.
Wie der Mediziner Thomas Stiller erklärt, gilt dies bei Geräuschen unter 20 Hertz, die man auch als Infraschall bezeichnet. Sie reizen die Amygdala, also das Angstzentrum im Gehirn. Ist man diesen Frequenzen über längere Zeit ausgesetzt, kann es zu Schlafstörungen, Ängsten und Depressionen, aber auch zu Gleichgewichtsstörungen oder einem Tinnitus kommen. Laut Stiller sind etwa 10 bis 30 Prozent der Menschen anfällig für Beschwerden durch Infraschall.
Woher aber kommt der gesundheitsgefährdende Schall? Quellen sind vor allem Windkraftanlagen, aber auch Wärmeluftpumpen. Lärmschutzmaßnahmen gegen Geräusche in diesen Frequenzen gibt es nicht.
Weitere Forschung wichtig
Dem Münchner Juristen Martin Schröder zufolge ist es zudem sehr schwer für Anwohner, gegen die Lärmquellen zu klagen, da die gesetzlichen Regelungen gut zwanzig Jahre alt sind. Das sogenannte Bundes-Immissionschutzgesetz regelt zwar vor allem die Vorsorge und den Schutz vor Lärm. Und Bauaufsichtsbehörden müssen den Immissionsschutz bei genehmigungspflichtigen Anlagen, also etwa Windkraftanlagen, prüfen. Aber bei den tieffrequenten Geräuschen konkretisiert das Gesetz keine Schädlichkeitsschwelle, ein standardisiertes Prognoseverfahren gibt es bisher nicht.
Laut Schröder liegt die Beweislast deshalb bei den Klägern. Sie müssen vor Gericht Beweise erbringen, dass sie konkret durch einen bestimmten Lärm geschädigt wurden. Eine Gesetzesreform mit verbesserten Kriterien werde es ohne einen gesicherten Erkenntnisfortschritt aber nicht geben. Daher sei es wichtig weiterzuforschen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt