Gesundheitsreform in den USA: Bundesrichter: Gesetz ungültig

Wieder erklärt ein Bundesrichter in den USA die Gesundheitsreform für ungültig. Der Justizminister will Einspruch erheben. Doch weitere Klagen sind schon eingereicht.

Die Gesundheitsreform hatte von Beginn an heftigen Gegenwind. Bild: ap

WASHINGTON taz | Ein Bundesrichter in Florida hat dem zentralen Reformvorhaben von US-Präsident Barack Obama einen neuen Schlag versetzt. Die Verpflichtung, eine Krankenversicherung abzuschließen oder eine Strafe zu risikieren, sei unzulässig und mache das komplette Gesetz zur Gesundheitsreform ungültig, erklärte Richter Roger Vinson am Montag in Pensacola. Auf eine sofortige Verfügung gegen das Gesetz verzichtete er jedoch. Das Justizministerium in Washington will Einspruch gegen den Entscheid erheben.

Mit dem Urteil gibt zum zweiten Mal ein Bundesrichter einer Klage gegen das Gesetz statt. Schon im vergangenen Dezember hatte ein Kollege von Vinson in Virginia entschieden, die Bundesregierung habe mit dem Gesetz ihre Befugnisse überschritten. Allerdings hatte der Richter in Virginia nicht die komplette Reform für ungültig erklärt.

Insgesamt liegen in den USA Klagen aus 26 der 50 Bundesstaaten gegen Einzelaspekte oder gegen das komplette Gesetz vor. KlägerInnen sind GouverneurInnen, JustizministerInnen der Bundesstaaten und Vereinigungen von Geschäftsleuten. Seit den Halbzeitwahlen vom vergangenen November haben die veränderten Mehrheitsverhältnisse an der Spitze mehrer Bundesstaaten zu sechs zusätzlichen Klagen geführt.

Damit erhärtet sich eine Prognose, die Steven Breyer, einer der obersten RichterInnen der USA, bereits im vergangenen April gewagt hatte: Dass nämlich am Ende das Oberste Gericht über die Gesundheitsreform entscheiden werde.

Bis die Gesundheitsreform im März von dem damals mehrheitlich demokratisch besetzten Kongress verabschiedet wurde, hatten 30 Millionen Menschen in den USA – rund jede zehnte Person im Land – keine Krankenversicherung. Die rechte Opposition bekämpft das Gesetz, als läute es den Untergang des „freien Amerika“ ein. Sie bezeichnen es als „Obamacare“ - Obama-Pflege -, sie bezichtigen den US-Präsidenten wegen der Gesundheitsreform alternativ des „Sozialismus“ und/oder des „Faschismus“ und sie behaupten, die Gesundheitsreform – die zum Ärger vieler Linker ganz ausschließlich private Krankenversicherungen und keine öffentliche Versicherungsalternative vorsieht - sei eine „Verstaatlichung“ der Medizin.

In der Kampagne vor den Halbzeitwahlen im November war „Obamacare“ ein zentrales Thema der RepublikanerInnen. Es brachten ihnen Erfolg: Sie gewannen zusätzliche Bundesstaaten und Städte und sie eroberten die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Dort votierte die neue Mehrheit bereits für die Abschaffung des Gesetzes.

Doch dieses Votum hat vor allem symbolischen Charakter. Denn im Senat – die zweite Kammer des Kongresses – halten die DemokratInnen eine knappe Mehrheit. Außerdem hat Obama angekündigt, dass er notfalls ein Veto gegen die Streichung des Gesetzes einlegen werde. Bei seiner State of the Union-Ansprache Ende Januar sagte der Präsident auch, dass er gar nicht daran denke, in den kommenden Monaten erneut „die Kämpfe der beiden vergangenen Jahre“ zu führen.

Doch die juristische Auseinandersetzungen über das Gesetz gehen davon unbeirrt weiter. Nach der bundesrichterlichen Entscheidung in Florida verschickten republikanische Abgeordnete in Washington am Montag euphorische Kommuniques, in denen sie das bevorstehende Ende von „Obamacare“ verkünden.

Einzelne Teile der Gesundheitsreform gelten bereits. Andere treten erst 2014 in Kraft. Das ist zwei Jahre nach den nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.