Gesundheit von Pflanzen: Wenn Tomatenpflanzen schreien, hören Motten ganz genau hin
Dürren stressen die Gesundheit von Pflanzen, das lässt sich nicht nur hörbar messen. Es beeinflusst auch das Verhalten von Insekten.
Um Schmerzen durch den Klimawandel, speziell bei langanhaltender Dürre. Obwohl: wissenschaftlich betrachtet nicht wirklich. Denn Schmerzen sind ein menschliches Gefühl, das nicht von allen Lebewesen geteilt wird. Und hier geht es um Tomatenpflanzen. In einer bereits 2023 im Biologie-Fachjournal Cell veröffentlichten Studie fanden israelische Forscher:innen heraus, dass Tomaten „schreien“, wenn sie zu wenig Wasser bekommen.
Für ihre Arbeit stellten die Wissenschaftler:innen der Universität Tel Aviv Mikrofone vor den Pflanzen auf und horchten nach. Das Ergebnis: Pflanzen, die Trockenheit ausgesetzt waren, machten Geräusche. Doch für Menschen war das Klackern im Ultraschallbereich mit Frequenzen von 40 bis 80 Kilohertz unhörbar. Je weniger Wasser die Pflanzen hatten, desto intensiver wurden die Geräusche. Denn durch den Wassermangel bilden sich Luftbläschen in den Kapillaren, den Nährstoffleitungen der Pflanzen. Platzen diese, erzeugen sie eine Vibration, die als Ultraschall in der Umgebung gemessen werden kann.
Die Studie
Um die Geräusche der gestressten Tomatenpflanzen wahrnehmen zu können, bräuchten Menschen ein hundertmal besseres Gehör. Bestimmte Insekten und Fledermäuse können aber auch im Ultraschallbereich hören. Deshalb ging die Forschungsgruppe aus Tel Aviv nun der Frage nach, welche Auswirkungen die „Schreie“ der Tomatenpflanzen in der Natur haben.
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Dafür experimentierten sie mit dem Ägyptischen Baumwollblattwurm. Spodoptera littoralis ist eine nachtaktive Mottenart mit besonders empfindlichem Gehör, die neben Afrika auch im Mittelmeerraum und im Nahen Osten verbreitet ist. In einer in der digitalen Fachzeitschrift eLife veröffentlichten Studie fand das Team um Rya Seltzer heraus, dass die Motten bei der Suche nach einem Platz für die Eiablage „laute“ Pflanzen meiden.
In ihren Versuchen arbeiteten die Wissenschaftler:innen nur mit gesunden, gut gewässerten Tomaten. In unterschiedlichen Versuchsanordnungen spielten sie Audioaufnahmen von gestressten Pflanzen ab. Im Ergebnis suchten die Motten in der Mehrzahl jene Pflanzen auf, die nicht „laut“ waren. Die Schlussfolgerung: Motten nutzen auch ihr Gehör, um nach gesunden Pflanzen zu suchen, die ideale Bedingungen für ihren Nachwuchs bieten.
Was bringt’s?
Durch die Klimaerhitzung steigt das Phänomen des „Trockenstresses“ bei Pflanzen: Wenn es wärmer wird, müssen viele Arten mehr Wasser verdunsten, um sich selbst herunterzukühlen. Oft geht mit Hitze aber auch Trockenheit einher, was viele Arten nicht verkraften. Die Studie aus Israel zeigt, dass dies Auswirkungen weit über die Pflanzenwelt hinaus hat. Und sie bestätigt einmal mehr, was wir ohnehin schon wussten: Mit dem menschengemachten Klimawandel bringen wir die Welt aus dem Takt.
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