Geste des Protests: Drei Finger für Myanmar
Die DemonstrantInnen in Myanmar nutzen ein Handzeichen aus der Filmreihe „Hunger Games“. Eigentlich stammt es woanders her.
Die erhobene Faust ist ein seit dem 19. Jahrhunderts recht etabliertes Protestzeichen, auch die Bedeutung des ausgestreckten Arms mit flacher Hand erschließt sich jeder Betrachterin und hat es in Deutschland sogar ins Strafgesetzbuch geschafft. In den vergangenen Jahren war der ausgestreckte Zeigefinger bei Dschihadisten beliebt („Es gibt keinen Gott außer Allah“).
Nun geht mit den Demonstrationen gegen den Militärputsch in Myanmar ein neues Handzeichen des Protests um die Welt und von Bildschirm zu Bildschirm: Zeige- Mittel-, und Ringfinger werden ausgestreckt, davor kreuzen sich Daumen und kleiner Finger.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Die Demonstrierenden, heißt es, beziehen sich damit auf die Filme und die zugrunde liegenden Bücher „Die Tribute von Panem“ (im Original: „Hunger Games“), die jeweils weltweit Erfolg hatten. In der Geschichte zeigt das unterdrückte Volk den Gruß als Zeichen des Widerstands gegen das Regime, er steht aber auch für Solidarität und Respekt untereinander und richtet sich damit genau so an die Mitstreiter.
Mit dieser Geste stellen sich die Menschen in Myanmar auch in eine Reihe mit den Protesten gegen den Staatsstreich in Thailand, wo schon 2014 das gleiche Handzeichen verwendet wurde. Dort wurde sowohl der Gruß als auch der dritte Film der Hunger-Games-Reihe zeitweise verboten.
Dabei ist das Handzeichen (wie Kritikern zufolge auch manches andere aus den Büchern) geklaut und schon deutlich älter. Seit über hundert Jahren ist es der Gruß der internationalen PfadfinderInnenbewegung: Die drei erhobenen Finger stehen dabei für die Verantwortung vor Gott, der Gemeinschaft und sich selbst beziehungsweise dem PfadfinderInnengesetz (das hier auszuführen, würde allerdings zu weit gehen). Und der große Daumen beschützt den kleinen Finger.
Kleine PfadfinderInnen, die Wölflinge, merken sich die Bedeutung indes so: Der Große verprügelt den Kleinen, die anderen stehen am Rand und schauen zu. Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen für Myanmar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin