Gesetzentwurf zum Homeoffice: Möglichkeit statt Pflicht
Aus der Union gibt es ein Eckpunktepapier zu mobiler Arbeit. Es ist ein Gegenentwurf zu den Plänen von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Am Dienstag stellte Thomas Heilmann, Vorsitzender des Arbeitskreises Zukunft der Arbeit der Unionsfraktion im Bundestag, ein Eckpunktepapier zu dem Thema vor. Der Vorstoß soll Arbeitnehmer:innen im Homeoffice mehr „Selbstbestimmung und Flexibilität“ bei den Arbeitszeiten zusichern – die gesetzlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeiten sollen aber unberührt bleiben. Dies soll die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie verbessern.
Zudem sollen Versicherungslücken beim Unfallversicherungsschutz geschlossen werden. „Wenn ich vom Homeoffice meine Kinder wegbringe und wieder zurückkomme und es passiert ein Unfall, muss das geregelt sein“, sagte Heilmann. Das Papier sieht vor, dass Arbeitnehmer:innen im Homeoffice künftig „im gleichen Umfang Versicherungsschutz genießen wie bei einer Tätigkeit in der Unternehmensstätte“.
Außerdem geht es um steuerliche Entlastungen. So soll der Arbeitgeber etwa den Beschäftigten im Homeoffice Kosten steuerfrei ersetzen dürfen, selbst wenn einzelne Elemente wie ein Breitbandanschluss auch privat genutzt werden. Weiter sollen Arbeitgeber:innen Fortbildungen zum Selbstmanagement anbieten und finanzieren. Co-Working-Spaces sollen öffentlich gefördert werden.
Dieses Papier ist zwar innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion noch nicht abgestimmt, doch Heilmann betonte, dass es bereits großen Konsens gebe. Fest steht zudem: Dieser Plan ist ein Gegenentwurf zu dem Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der ein Recht auf Homeoffice durchsetzen wollte, aber am Widerstand der Union scheiterte.
Heil hatte Anfang Oktober einen eigenen Gesetzentwurf angekündigt. Dieser sollte Arbeitnehmer:innen bei einer Vollzeitstelle künftig einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr zusichern – sofern keine betrieblichen Gründe dagegensprechen und die Tätigkeit dafür geeignet ist. Nach Heils Ankündigung hagelte es jedoch Kritik aus der Union und der Wirtschaft.
Der Dissens zwischen Union und SPD bleibt beim Thema Homeoffice also weiter groß. Die Union möchte keinen Rechtsanspruch auf Homeoffice. Sie möchte mobiles Arbeiten ermöglichen, aber „nicht verpflichten“. „Das Recht auf Homeoffice an zwei Tagen hilft niemanden, außer dass es zusätzliche Bürokratie schafft“ sagte Heilmann. Wegen der grundlegenden Differenzen sieht er keine Lösung in dieser Legislaturperiode. Dabei hatten sich CDU, CSU und SPD bereits vor der Coronapandemie im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass ein rechtlicher Rahmen für mobile Arbeit geschaffen werden soll. Hubertus Heil wollte auf taz-Nachfrage den Vorstoß aus der Union nicht kommentieren.
SPD-Fraktionsvize Katja Mast stützt weiterhin den Vorstoß vom Bundesarbeitsminister: „Bei mobiler Arbeit gilt es die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken. Wir brauchen eindeutige Entscheidungswege in den Betrieben. Das ist der Geist des Gesetzentwurfs von SPD-Minister Hubertus Heil.“ Corona habe mobile Arbeit Alltag werden lassen und könne vieles erleichtern. „Wenn es betrieblich geht, soll jede und jeder sie in Anspruch nehmen dürfen. Genau das sichert der Vorschlag von Hubertus Heil zu und setzt dabei klare Grenzen. Denn mobiles Arbeiten darf die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben nicht auflösen. Feierabend ist Feierabend“ sagte Mast der taz.
Kritik am Vorstoß aus der Union kam von Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund: „Arbeit im Homeoffice braucht vernünftige Leitplanken. Dieser Wurf von der Seitenlinie liefert sie schon mal nicht. Vielmehr wären solche Inhalte zum Nachteil der Beschäftigten.“ Geltende Arbeitszeitregeln müssten weiter Bestand haben, Arbeits- und Gesundheitsschutz müsse den Beschäftigten garantiert werden. „Die allermeisten Beschäftigten leisten im Homeoffice mehr als sie müssen und das auch unter widrigsten Umständen. Wir streiten für bessere Bedingungen“, sagte Piel.
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