Gesetzentwurf in der Türkei: Mehr Macht für den Geheimdienst
Geht es nach dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, darf der Geheimdienst MIT bald auf eigentlich vom Bankgeheimnis geschützte Daten zugreifen.
ISTANBUL afp | Die türkische Regierung will die Befugnisse des Geheimdienstes erheblich ausweiten. Dies geht nach übereinstimmenden Zeitungsberichten vom Donnerstag aus einem Gesetzentwurf der Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hervor.
Demnach soll der Nationale Nachrichtendienst (MIT) auf Daten zugreifen können, die vom Bankgeheimnis geschützt sind. Journalisten, die vertrauliche MIT-Informationen veröffentlichen, müssen mit bis zu zwölf Jahren Haft rechnen.
Der Gesetzentwurf schafft zudem eine rechtliche Grundlage für die Verhandlungen des Geheimdienstes mit der als Terrororganisation eingestuften kurdischen Rebellengruppe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). MIT-Chef Hakan Fidan spricht seit mehr als einem Jahr mit dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan über Wege zur friedlichen Beilegung des seit 30 Jahren andauernden Kurdenkonflikts. Die Verhandlungen haben die Lage im Kurdengebiet beruhigt; seit mehreren Monaten gibt es keine Gefechte zwischen der türkischen Armee und der PKK mehr.
In der regierungskritischen Presse wurde der neue Gesetzentwurf am Donnerstag dennoch sehr negativ aufgenommen. Die Zeitung Taraf kritisierte, das Gesetz werde es der Regierung ermöglichen, mit Hilfe des MIT gegen ihre Gegner vorzugehen. Der Geheimdienst werde über alle anderen staatlichen Institutionen gestellt. Zudem werde die gerichtliche Kontrolle über den MIT gelockert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“