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Geschlechtertrennung in der Kieler Uni

Eine „Islamkonferenz“ im Mai an der Kieler Uni sorgt im Nachgang für Kritik. Mit einiger Verzögerung will die Unileitung nun die Islamische Hochschulgruppe einbestellen

Die „Islamwoche“ sorgt für ein Nachspiel: Eingang zum Verwaltungsgebäude der Christian-Albrechts-Universität Foto: Axel Heimken/dpa

Von Esther Geißlinger

Im Saal saßen die Männer vorn, die Frauen hinten, und am Rednerpult stand ein Mann, der laut Berichten dem Salafismus zuzuordnen ist: Diese Szene soll sich im Rahmen einer „Islamwoche“ an der Kieler Christian-Albrecht-Universität (CAU) abgespielt haben. Die Veranstaltung fand im Mai statt, die Kritik daran wurde aber erst jetzt laut. Die Uni-Leitung will den Fall schnellstmöglich aufklären.

Organisiert wurde die Woche von der Islamischen Hochschulgruppe Kiel (IHG), laut ihrem Instagram-Account ein „Zusammenschluss muslimischer Studierender der CAU“. In diesem Jahr soll einer der Redner Sertac Odabas gewesen sein, der Vorsitzende der Organisation „Iman“. Die Gruppe hat sich der „prophetischen Mission“ verschrieben, „unseren Mitmenschen die authentische Botschaft des Islams zu vermitteln“. Laut Medienberichten, zuerst in den Kieler Nachrichten, soll es zu Obadas’Vortrag für Frauen und Männer getrennte Eingänge in den Saal gegeben haben. Die Hochschulgruppe erklärt, das sei ein „freiwilliges Angebot“ gewesen.

Salafistische Botschaften und Geschlechtertrennung passe nicht zu den Werten der Universität wie Freiheit, Toleranz und Vielfalt, sagte Catherine Cleophas, Vizepräsidentin der CAU, bei einer Pressekonferenz in Kiel. Rund 85 eingetragene und bei Uni angemeldete Hochschulgruppen gebe es insgesamt, und „wir sind davon ausgegangen, dass alle unsere Werte teilen“.

Aktuell prüfe die Hochschulleitung, ob die Vorwürfe stimmen würden. Dazu soll es in der kommenden Woche ein Gespräch mit der IHG geben. Bisher habe es dazu noch keinen persönlichen Kontakt zu Mitgliedern der Gruppe gegeben. Auf taz-Anfrage kündigte die IHG ein Statement an, das aber bis Redaktionsschluss nicht vorlag.

Hochschulgruppen dürfen Räume der Uni für eigene Angebote nutzen, gebucht wird über ein Onlineformular. Das schließt eigentlich religiöse Veranstaltungen aus, aber Vorträge zu Religion seien erlaubt, erklärte Cleophas auf Nachfrage. Das Programm der diesjährigen Woche ist im Instagram-Profil der IHG gelöscht, aber die Programme früherer Jahre nennen Vortragsthemen wie „Muslime und Glaube – ein Problem der Darstellung?“ oder „Wunder im Koran“.

Ähnlich weit formuliert seien die Themen auch in diesem Jahr gewesen, so Chleophas, die gemeinsam mit ihrem Co-Vize Markus Hundt am Donnerstag vor die Presse trat. Welche Personen genau die Vorträge gehalten haben sollen und welche Schriften auf Büchertischen vor den Räumen auslagen, sei nicht im Detail bekannt gewesen. „Wir fühlen uns von der Gruppe nicht getäuscht, aber wir hatten nicht alle Informationen vorliegen.“ Das Gerücht, dass es bei regulären Uni-Vorlesungen eine Geschlechtertrennung gebe, wies Hundt zurück: „Das ist absurd.“

Auch in der Studierendenschaft bewegt das Thema die Gemüter. „Wenn es so war, passt das nicht zur Uni“, sagt Laura vom Vorstand des Asta, die als Zuschauerin an der Pressekonferenz der Unileitung teilnahm. „Wir wünschen uns dringend Aufklärung.“ Ihr Vorstandskollege Fritz sieht auch strukturelle Probleme: „Die Uni leidet an Unterfinanzierung. Das Veranstaltungsmanagement ist dünn besetzt, und die Fluktuation ist hoch.“ Die Mitarbeitenden seien daher kaum in der Lage zu prüfen, ob es bei angemeldeten Veranstaltungen Probleme geben könnte.

Genau das wünscht sich aber die Politik: „Wenn sich die Vorgänge bestätigen sollten, fordern wir harte Konsequenzen“, heißt es in einem Statement von Martin Balasus und Seyran Papo aus der CDU-Landtagsfraktion. „Die Hochschule muss genauer hinsehen, welchen Vereinigungen sie Räume zur Verfügung stellt und welche Redner dort sprechen.“ Zuvor hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) eine schnelle Aufklärung gefordert und die geschilderten Vorfälle „unerträglich“ genannt. Der Landtag hat auf Antrag der FDP bereits beschlossen, das Thema im Bildungsausschuss zu beraten.

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